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Paul Christaller an Inspektor:

Sohn Paul über Hinterlassenschaft Johann Gottlieb Christallers

(Stuttgart, 14. Jan. 1896)

BM: BV 357 Anhang 2 ohne Nr.

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Sehr geehrter Herr Inspector! Ihre geschätzte Anfrage beantwortend, habe ich zum ersten Punkt Ihnen mitzuteilen, daß mein Vater am Tag vor seinem Heimgang mir einiges diktierte bezüglich seiner Hinterlassenschaft im Falle des Todes.

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Darnach sollen die afrikanischen Bücher, soweit sie nicht schon der Baseler Mission gehörten, derselben zufallen u im Hause bleiben, bis Missionar Schweizer oder ein anderer beauftragter Vertreter der Mission dieselben in Empfang nehmen werde.

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Es steht somit unsererseits der Abholung der fraglichen Handschriften u Bücher nichts im Wege, freilich könnte etliches darunter sein, das sich auf Arbeiten meines Kamerun-Bruders oder des Togoschwagers Köbele bezieht, u da ich in diese Sachen keinen Einblick hatte, so scheint es mir wünschenswert, daß einer der zuständigen Missionare selbst die Auslese und Übernahme vornehmen kann.

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Ich werde meine Mutter davon in Kenntnis setzen, so daß es seinerzeit nur einer Anmeldung an sie bedürfen wird.

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Betr. des zweiten Punktes bin ich sehr dankbar, daß Ihr Schreiben mir bestätigte, was ich nach Vaters Tod von seiner noch lebenden Schwester hörte, daß nämlich eine Pension für meine Mutter schon seit Jahren bewilligt worden sei.

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Die Familienverhältnisse sind folgende:

Von den fünf Kindern 1. Ehe sind vier selbständig u verheiratet, mein Bruder Ernst dagegen befindet sich seit nahezu 10 Jahren in der Heilanstalt Winnenthal, für ihn ist ein jährlicher Kostenaufwand von beinahe 200 Mark erforderlich. Hierfür hat mein Vater auf 1. Oct. 1894 bei der Missionsfaktorei in Accra 160 Pfd Sterling als Sparkasseneinlage auf meinen Namen einschreiben lassen, damit ich die Zinsen dieses Familiengutes für Ernst verwende (128 Mark). Die Mehrkosten sowie die Pflegschaft für Ernst habe ich übernommen.

Von den vier Kindern 2. Ehe ist das Älteste Hanna nach Togo verheiratet.

Oscar 22 Jahre alt, hat die Kunstgewerbeschule (mit Berechtigung zum einjährigen freiwilligen Dienst) hinter sich, wohnt bei Mutter in Schorndorf, arbeitet als Modelleur in einer Silberwarenfabrik in Grunbach, wobei er sein genügendes Auskommen hat. Doch hat er sein Militärjahr noch vor sich.

Karl, 20 Jahre alt, studiert seit 5/4 Jahren in Tübingen Theologie; da er schon lange das nächste Anrecht auf Eintritt ins 'Stift' hatte, konnte er seit Anfang dieses Jahres in dasselbe eintreten, so daß er weniger Kosten verursacht und, soviel ich weiß, auch für seine Militärzeit, falls er - wie Oscar - 'tüchtig' ist, große Erleichterung hat.

Hermann, der jüngste, kommt im Frühjahr aus der Realschule zunächst auf 1 Jahr in die Lehre zu einem Graveur in der Nachbarschaft.

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Vaters Vermögenshinterlassenschaft (einschl. des Beibringens von Mutter) besteht aus einem Häuschen mit Garten, schuldenfrei, u ca 3.000 M in Wertpapieren angelegt. Außerdem sah ich bei der Einsichtnahme vor 10 Tagen für die drei jüngeren Geschwister Sparkassenbüchlein mit je etwa 300 bis 320 M Einlagen. - In seiner mir diktierten Verfügung wünschte Vater, daß wir Kinder der Mutter das Anwesen um 8.000 M., die Fahrnis um 1.500 M überlassen, u ferner auf den Zinsengenuß unserer Erbschaftsanteile zu ihren Gunsten verzichten, bis Hermann seine Militärzeit hinter sich habe.

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Damit sind wir im Lande Lebenden u jedenfalls auch die Afrikaner gerne einverstanden. Ernsts Anteil muß zwar, wie ich hörte, nach gerichtlicher Schätzung des Anwesens (die wohl höher ausfallen wird) bestimmt u ausgeschieden werden.

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Mutter wird nun nach Vaters Wunsch im Hause bleiben u davon zu vermieten suchen, was insofern zwar Schwierigkeit haben wird, als die drei Zimmerchen im Dachstocke keine Küche haben.

Mit diesem hoffe ich, die Verhältnisse getreu u zweckdienlich mitgeteilt zu haben und bin bereit zu jeder etwa sonst noch nötigen Auskunft.

Mit hochachtungsvollem Gruße Ihr ergebener Paul Christaller

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