Artikelaktionen
<< < > >>

Johann Gottlieb Christaller an Rathsschreiber Ziegler

(Akropong, 5. Sept. 1866)

M3,66 G C 8

<1>

Theure u geliebte Eltern!

Gegenwärtiges soll die zweite Beilage bilden zu meinem Brief vom 3. u 4. Sept. u braucht nicht Allen, die den eigentlichen Brief lesen, mitgetheilt zu werden. Zuerst will ich Einiges von mir selber sagen. Ich bin dem Herrn dankbar, daß ich während des 7-wöchigen Krankenlagers der lb Emilie stets um sie sein u sie verpflegen konnte u noch überdieß den größten Theil dieser Zeit die lb Fr Eisenschmid u die Frau meines Gehilfen Maria Palmer mich in ihrer Pflege unterstützten, was besonders die paar Male, da ich selber Fieber hatte, angelegt war. Meine Hauptarbeit, die Übersetzung des AT, mußte ich am 26. Juni, nachdem ich (außer den Psalmen u Sprüchen) bis ans Ende der 5 Bücher Mose gekommen war, aufstecken, u werde sie erst Mitte Septembers wieder aufnehmen können. Ich beschäftigte unterdessen meinen Gehilfen unter Anderem mit Vorausübersetzen von Jer. u Hes. u dann half er auch beim Packen unserer Sachen u den Vorbereitungen zur Reise hieher. - Wenn ich meine Briefe abgefertigt habe, werde ich so Gott will für ein paar Tage einen Besuch in Aburi machen (mit den zwei Mädchen, die bei uns waren und nun von Fr Mader in Dienst genommen sind, Sofia Dede u Augustine Afi), dann wieder hieher zurückkommen u die Woche darauf die Arbeit wieder aufnehmen mit meinem Gehilfen, der seine dreiwöchige Vacanz zum Ausbau seines Hauses hier verwendet. Ich bewohne hier das Gastzimmer der Geschw. Mader u habe bei ihnen die Kost: es geht mir nichts ab, was ich zum Leben u zur Erholung bedarf, obwohl es mir niemals mehr so heimelig sein wird hienieden, wie an der Seite meiner lb Emilie. In ein paar Monaten werde ich 1 oder 2 Zimmer in einem gegenwärtig noch im Bau begriffenen Hause (für den Vorsteher der Mittelschule) beziehen können, denn das Gastzimmer ist für die Arbeit mit meinem Gehilfen fast zu klein u die Umgebung zu unruhig. Wenn Emilie krank oder im Zustande der Wiedergenesung hier bei mir wäre, würde sie es noch mehr empfinden. Denn es ist zwischen Geschw. Maders Wohnstube u dem Lehrsaal des Predigerseminars, in welchem vor- u nachmittags Lectionen gegeben werden, die man ziemlich gut hört, u mittags u abends Harmonium gespielt wird. Überhaupt wars ihr bange, auf die 3 oder 4 tägige Reise hieher u auch die für Monate noch beschränkten Verhältnisse hier. Diesem u vielem anderen Schweren ist sie entnommen u aus der Unruhe der Gedanken u des wirklichen Lebens zur Ruhe gekommen.

<2>

[...] Ich hoffe das Band zwischen mir u Euch wird in Zukunft nicht gelockert, sondern noch inniger als zuvor. Denn unsere theure Emilie lebt ja bei dem Lebensgott (Luc. 20,38) und wenn der reiche Mann wünschte, daß seine 5 Brüder nicht zu ihm kommen möchten, so wünscht sie gewiß, daß ich und unsere lb Kinder u Ihr allesamt zu ihr kommen. Wir wollen darum auch unseren Briefwechsel auch nicht weniger werden lassen, nicht wahr? Die Briefe von Emilie u etwa auch von mir möchte ich Euch bitten, aufzuheben, um unserer Kinder willen; ich hebe auf, was ich von Euch u von Emilie über die Kinder habe.

Fenster schließen