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Johann Gottlieb Christaller an Gottliebin Merkle

(Akropong, 5. Sept. 1866)

M3,66 G C 7

<1>

Geliebte Schwester, dießmal bekommt Ihr nicht bloß zwei Blättchen von mir wie das letzte Mal, sondern für die Eltern in Waiblingen allein 7 Blättchen, die auch für Dich u Deinen lb Mann geschrieben sind. Die Veranlassung ist freilich schmerzlich; aber so wahr nun einmal Gottes Rath und Weg, u das Lied Nr. 630 'Aller Glaubgen Sammelplatz' sagt in der einfachsten Sprache, wie man sich dazu zu stellen hat.

<2>

[...] Hüten wir uns nur vor dem Brüten über allem, was Nebenursachen heißt. Es ist Gottesläugnerei in der schlimmsten Gestalt! - Von einem blinden Schicksal, von einem Ungefähr oder Zufall weiß des Christen Glaube nichts. Sein Lebensschifflein ist niemals ohne Steuermann, nie dem Spiel des Sturmes, nie den Launen der Wogen Preisgegeben. - Auch die Schlüssel des Todes sind in der Hand des nemlichen Gottes, der da Alles in Allem regiert. So könnten mir in meinem Fall Gedanken kommen, ja wenn wir nicht nah Kyebi versetzt worden oder wenn wir früher nach Akropong gegangen wären oder wenn sie nicht in dem erst durch meinen letzten Brief Euch kundgewordenen Zustand gewesen wäre. Ich habe eigentlich im Sinn, gerade über den letzten Punct etwas zur völligen Beruhigung für die Mutter an Dich zu schreiben, ich könnte ebenso die Unmöglichkeit früher nach Akropong zu gehen, nachweisen, aber ich will es lieber lassen. Man würde beim Brüten oder Grübeln über Haupt- u Nebenursachen nie fertig, und es bleibt dabei: 'Was geschiehet, weiß und siehet, ordnet leitet lenket Er; auch das Kleinste u Gemeinste kommt von Gottes Vorsicht her.' Wir werden gewiß Alle am Ende bekennen müssen: 'Er hat alles wohl gemacht!'

<3>

Lassen wir uns nur recht in Gottes Liebe befestigen, damit uns auch das Wohlmachen Gottes wirklich zum Besten und zum Heil und Leben gereiche. - Was soll ich Dir nun noch besonderes schreiben? Du wirst hier für dießmal an dem großen Briefe genug haben.

<4>

Ich wünschte, daß Gottfried Hafner, Hausvater Gauger, Herr Wakenhut und andere Missionsfreunde in Winnenden, sowie Nane Heller, von welcher mit letzter Post ein lb Brief für Emilie kam, ihn auch lesen könnten; wäre es Dir vielleicht möglich, daß Wesentlichste davon abzuschreiben und ihnen zukommen zu lassen? ebenso den lb Geschwistern Rapp in Frkf.? Es ist freilich viel, u Du wirst den Brief sobald als möglich nach Waiblingen befördern, aber Du kannst ihn vielleicht wieder haben, ehe er nach Tübingen, Stgrt, Ammersweiler geht, vielleicht auch an Hrn Pfarrer Werners in Fellbach. Am besten schiene mirs, wenn Du selber einen Besuch in Waiblingen machen u den Brief überbringen könntest. Wir wissen hier nicht, welche Gerichte u Trübsale in letzter Zeit etwa weiter über unser Vaterland ergangen sind oder noch ergehen werden und sind recht gespannt, Weiteres über den Fortgang oder Ausgang des Krieges zu vernehmen. Alles zeigt uns, daß das Irdische nicht bleibt im Privatleben wie im Volksleben.

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[...] Es ist tröstlich, daß die 5 Kinder so wohl versorgt sind; der lb Emilie diente die Veränderung im Knabenhause zu großer Beruhigung. Gottreich dürfte durch die Todesnachricht von seiner Flüchtigkeit etwas geheilt werden, die anderen, bes. Ernst u Theodor, werden nicht sehr tief u dauernd berührt werden. Der treue Heiland u Hirte wolle auch ihnen Alles sein, was sie nöthig haben. Grüßet u küsset sie von mir, ich muß mir die Fürbitte nun doppelt angelegen sein lassen, aber die vollendete Mutter wird auch ihrer gedenken.

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