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Johann Gottlieb Christaller an Emilie:

betr. Emilies Augenleiden und seine Differenzen mit Basel

(Aburi, 7. Mai 1863)

M1, 63 GC 9

<1>

Hr Insp. hat mir geantwortet u es hat mir diesmal nur eine kleine Weile weh gethan. Ich bin noch wohl zufrieden. Er versichert mich im übrigen, daß er sich bestreben werde, mir in Liebe zu dienen, soweit es ihm auf seinem Standpunkte möglich sei, u unterzeichnet sich mit aufrichtiger Liebe: 'Ich bin froh u kann nun gewiß glauben, der Herr hats so gemacht'.

<2>

[...] Daß Dich mein Brief wegen des Schreibens nach Basel beunruhigte, konnte ich mir denken, ich war auch sehr in Unruhe, bis ich geschrieben hatte und nachher auch zum Theil, doch auch froh, u sofern ich ihn nicht zurückrufen konnte, dachte ich eben auch: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. Es hat auch sein Gutes, wenn man offen von der Leber weg redet.

<3>

[...] Mit dem Wort Math. 5,39 (= auch die rechte Backe hinhalten) hast Du recht, aber wie wenns auch Dich trifft? Ich weiß u sehe aus Deinem Briefe, daß Du es auch Dir gelten lässest. Der Vergleich zwischen mir und Luther u seinen Vorgesetzten hätte Dich nicht beunruhigen sollen. Ich vergleiche mich lieber mit Melanchthon, doch auch das ist kein Hochmuth, man vergleicht ja auch die Katze mit dem Löwen, ohne sagen zu wollen, daß die Katze ein Löwe sei. Oder die Heuschrecke mit dem Kriegsroß, u ich darf mich unter Umständen mit dem König David, mit dem Apostel Paulus und mit dem Heiland selber vergleichen. [...]

<4>

8. Mai: Auf Dein Kommen mit dem Kind verzichte ich u war auch ganz mit Dir einverstanden, daß jedes von uns in Gottes Namen bleibe wo es ist, solang es kann u soll.

<5>

[...] Ich kann versichern, daß ich in bezug auf meine Vergangenheit nun Frieden habe mit Gott, mit Dir u mir, mit Hrn Insp. u mit jedermann. Daß Du H Inspectors Partei nimmst gegen mich, ist mir viel lieber als das Gegentheil; daß Du bei seinem Besuch im Mai 62 so erschrakst vor ihm, hat mich damals verhindert, noch einen Versuch zu machen u den Mund zu öffnen, aber es wird haben so sein sollen.

<6>

[...] Hr Insp. hat in meinem Brief (vom 9./10. März) einiges zu stark aufgefaßt, selbst wo ich mich ausdrücklich dagegen verwahrte u ihn als einen Beweis angesehen, daß meine Gemüthskrankheit, wenn auch zurückgedrängt, noch nicht überwunden sei, daß also sein früheres Urtheil über meinen Zustand vollkommen richtig war. Da ich dies nicht anerkenne, helfe das Hin und Her Schreiben nichts u müsse er mich aufs bestimmteste bitten, mich der Privatkorrespondenz mit ihm zu enthalten.

<7>

[...] (auf Emiliens Zweifel an ihrem Zweck u. ihrer Aufgabe in Afrika schreibt er): Du kämest zunächst wegen meiner u zu meiner Unterstützung, aber Du würdest, auch ehe Du reden könntest, noch missionieren u mit dem Lernen würdest Du es auch anders finden als das erste Mal. Du denkst vielleicht, das seien doch wieder Phantasien u Illusionen, aber glaube mir, ich durchlaufe die Schule des Lebens nicht ganz ohne Nutzen, ich fühle mich, wie körperlich so auch geistig gesunder u gereifter, als während meines ganzen ersten Aufenthaltes in Afrika. Wir sind beide recht in den Ernst des Lebens eingeweiht worden, sind aber jetzt auch im besten Alter fürs Wirken. [...] Frau Mohr ließ 6 Kinder zurück, das jüngste erst 6 Monate alt, jetzt bekommt sie von den vier Ältesten jeden Monat Brieflein. [...] Im Heidenboten Nr 3 ist ein Bild von der Kapelle u vom Schulhaus.

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