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Joseph Josenhans an Gottliebin Merkle:

über Christallers Heiratsangelegenheit und Charakterisierung einiger der möglichen Anwärterinnen, nähere Details zur zeitlichen Planung bis zur Aussendung der etwa Erwählten

(Basel, 2. Juni 1856)

M1,56 Insp 1

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Liebe Gottliebin! Ich ersuche Dich, inliegenden Brief zu lesen, Du ersiehst aus demselben, daß zwischen Deinem Bruder und uns über seine Verheurathung verhandelt wird u er mir den Auftrag gab, im Falle die Committee ihm Heurathserlaubnis ertheile, bei einem ihm von mir genannten Mädchen eine Anfrage zu machen.

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Nun ist die Sache soweit gediehen, daß die Committee die Heurathserlaubnis ertheilt hat. Es geschah dies letzten Samstag. Ferner ist es der Com. recht, wenn die erwählte Braut mit der nächsten am 24. Sept. von London, also etwa am 12. Sept. von hier abgehenden Reisegesellschaft nach Akropong reist. Aber die Frage ist eben, wer die Erwählte sein soll.

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Gottlieb hat nach seinem Brief an Rickchen Steinbrenner u an Sattler Unselds Tochter gedacht. Weil ich ihm aber, bloß in der Meinung, er wisse vielleicht nach seiner natürlichen Art nicht zu einem Entschluß zu kommen, Wihelmine Maurer nannte, wendet er sich nun dieser zu u bittet mich, eine Anfrage an diese zu richten, u dadurch bin ich in Verlegenheit gebracht. Ich muß zwar sagen, daß ich noch kein trefflicheres Mädchen als die Wilhelmine Maurer kennengelernt habe u ich kenne sie genau; auch thue ich gerne einen Schritt für Gottlieb, ja ich will im Nothfall viel auf mich nehmen. Doch habe ich es über, so direkt zu kuppeln. Ich wollte eben Gottlieb einen Namen nennen u bat ihn, Euch Schwestern zu veranlassen, nach der Wilh.Maurer, wenn er sie in Betracht ziehe, Euch zu erkundigen u ihre Bekanntschaft zu suchen. Deshalb thue ich den Schritt, um den mich Gottlieb bittet, nicht, ohne Euch Schwestern zu Rath zu ziehen. Seyd Ihr versichert, die Wilh.Maurer passe für Gottlieb, so will ich in seinem Namen um sie werben. Glaubet Ihr dagegen, daß Rickele Steinbrenner besser tauge, so bitte ich, daß Ihr mir dies schreibet, dann will ich um sie anhalten.

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Ich habe bei Rickel St. nur ein Bedenken, die Krankheit ihrer Mutter. Solche Krankheiten vererben sich leicht u treten im tropischen Klima noch gerner ein als im kalten u gemäßigten. Sonst wäre sie mir ganz recht, ich habe sie immer sehr lieb gehabt u hochgeachtet.

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Die W. Maurer ist äußerlich nicht unangenehm, aber man sieht ihr gar nicht an, was sie ist. Sie ist ein ganz vortreffliches Mädchen; aber sehr zart, vielleicht wäre ich nicht auf den Gedanken gekommen, wenn nicht Gottlieb u ihre Figur sehr conform wären, u unsere Leute in unserem Haus mich auf diese Person aufmerksam gemacht hätten. Sie ist die Tochter des Apotheker Maurer, ehemals in Endersbach, dann in Strümpfelbach, jetzt in Rudersberg. Soviel ich weiß, ist Minnele jetzt in Strümpfelbach, sie war ungefähr 2 1/2 Jahre bei uns u hat an meiner Frau u Kindern viel gethan. Meine Frau hatte eine wahre Freundin an ihr u meine Kinder haben bei ihr außerordentlich viel gelernt u hängen mit der größten Liebe an ihr. Ihre Familienverhältnisse könnten aber leicht Schwierigkeiten bereiten.

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Ich bitte Dich nun, lb Gottliebin, mit Deiner lb Schwester u Deinem u ihrem lieben Mann zu Rathe zu gehen u mir baldmöglichst Antwort zukommen zu lassen. Zeit ist ja keine zu verlieren, wenn das Mädchen anfangs September reisefertig hier sein soll.

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Die Aussteuer hat das Mädchen selbst zu besorgen, es sey denn, daß ihr Vermögen nicht reicht oder sie gar keines besitzt. Was sie mitnehmen soll, werden wir ihr seinerzeit sagen.

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Die Anfrage kann bei ihr ohne weiteres geschehen. Wir müssen aber der Com. anzeigen, welche Wahl Gottlieb getroffen hat u die Genehmigung der Wahl nachsuchen. Dies muß also auch der Person u den Eltern gesagt werden.

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Meine lb Frau grüßt mit mir herzlich. Sie wunderte sich, als ich ihr gestern sagte, daß ich ihr Minnele dem lb Gottlieb genannt u die Com. ihm wirklich Heurathserlaubnis gegeben. Auch mein Schwager G. und H Dekan Ostertag kennen das Minnele u halten sehr viel von ihr u billigten, was ich gethan. Dem ungeachtet gilt mein Thun nicht, wenn Gottlieb früher auf andere Punkte hingedeutet u Ihr nicht selbst wünschet, daß Minnele angefragt werde. Ich will meiner Frau noch Platz lassen, vielleicht schreibt sie etwas dazu. Mit herzl.Grüßen, Josenhans Inspector.

PS: Es freute mich neulich, Dich in Welzheim von der Kanzel aus zu sehen.

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