Startseite / Archive / 2015 / 5.2 ECOWAS und der Einsatz in Mali
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1. Einführung

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Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Organisation der ECOWAS und ihrem Einsatz in Mali. Dazu wird die ECOWAS kurz vorgestellt und dann der Einsatz, auch im globalen Kontext, mit Hinsicht auf Interaktionen mit anderen Institutionen, genauer betrachtet. Anschließend wird gefragt werden, ob und welche gesetzten durch den Einsatz von ECOWAS erreicht wurden und wie der insatz zu beurteilen ist.

2. Die Organisation der ECOWAS

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Bei der ECOWAS handelt es sich um die am 28. Mai 1975 gegründete Economic Community of West African States mit Hauptsitz in Nigeria. [1] Zu ihr gehören15 Mitgliedstaaten: Benin, Burkina Faso, Cap Verde, Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea Bissau, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo. [2] Damit umfasst sie ein Gesamtareal von 6,1 Millionen km², in dem 220 Millionen Menschen leben.

Im Februar 2012 wurde Alassane Ouattara, Präsident der Elfenbeinküste, zum Vorsitzenden gewählt.

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Ziel der Organisation ist es, die Kooperation und Integration in der Region zu fördern, mit dem langfristigen Ziel einer Wirtschafts- und Währungsunion. Damit soll das wirtschaftliche Wachstum und die Entwicklung in der Region insgesamt vorangetrieben werden. Prinzipien der ECOWAS sind neben der Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten, Gleichheit und Interdependenz, Solidarität und kollektive Autonomie, Transparenz und ökonomische sowie soziale Gerechtigkeit und die Einführung einer gemeinsamen Währung. [3]

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In Bezug auf den Konflikt in Mali stehen die Ziele und Prinzipien Friedenssicherung, Stabilität und Sicherheit auf regionaler Ebene, friedvolle Beilegung von Konflikten, Respekt, Unterstützung und Schutz von Menschenrechten, Unterstützung und Stärkung von Demokratie im Mittelpunkt; sie sind die Legitimation für den Einsatz der ECOWAS in Mali.

3. Hintergrund und institutioneller Kontext der Intervention

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Die schwierige politische Lage und das Fehlen von Ansprechpartnern in Mali seit Januar 2012 führten zunächst zu Sanktionen und anschließend zu einer temporären Suspendierung der Mitgliedschaft. Über das weitere Vorgehen der ECOWAS im Mali-Konflikt bestand in den Reihen der Mitgliedsstaaten Uneinigkeit. Niger und Burkina Faso bildeten in der Diskussion um die weitere Vorgehensweise zwei Pole (Schreiber 2013: 212).

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Burkina Faso sprach sich für eine friedvolle Klärung des Konfliktes aus, während Niger eine Militärintervention befürwortete. Der Präsident von Burkina Faso, Blaise Compaoré, wurde zeitweise als Mediator eingesetzt, was aber angesichts der malischen Unterstellung der Parteilichkeit zu den aufständischen Gruppen aus dem Norden eher weniger zielführend war. Um das Überschwappen des Konflikts nach Burkina Faso zu verhindern, postierte das Land im Oktober 2012 circa 1.000 Soldaten an der Grenze zu Mali (Schreiber 2013: 212ff).

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Niger hatte Befürchtungen, als Rückzugsgebiet der Islamisten zu fungieren. Es wollte auch nicht zum Transitland für Kämpfer der in Nordnigeria agierenden Boko Haram  [4] werden, falls diese sich in Mali der MUJAO anschließen wollten.

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Als weitere Maßnahme, ergänzend zur Entsendung des burkinabischen Präsidenten, plante die ECOWAS den Einsatz von circa 3.300 Soldaten, die im Herbst 2013 ihren Dienst antreten sollten. Die Soldaten sollten mehrheitlich aus Nigeria und zu geringeren Anteilen von Niger, Senegal, Togo und Burkina Faso gestellt werden (Schreiber 2013: 213).

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Der Einsatz ist zum einen durch einen Beschluss der der ECOWAS vom 11.11.2012, zum anderen durch den "Mechanismus zur Konfliktprävention, -management, -lösung, Friedenssicherung und Sicherheit“ von 1999 rechtlich abgesichert (Gerlach 2010:11). Passagen aus dem genannten Mechanismus rechtfertigen den Einsatz damit, dass Schmuggel, Drogenhandel, Menschenhandel und grenzübergreifende Kriminalität den Frieden und die Stabilität der gesamten Region gefährden. Artikel 25 dieses Dokuments besagt, dass der Sturz einer demokratisch gewählten Regierung in einem der Mitgliedsstaaten einen Grund für die ECOWAS bildet, militärisch zu intervenieren (Sandor 2013: 2).

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Der geplante Einsatz sollte Hilfestellung beim Wiederaufbau staatlicher Autorität und staatlicher Strukturen leisten sowie bei der Professionalisierung des malischen Militärs (Sandor 2013: 3). Letztere galt als Voraussetzung zur Wiedereroberung des Nordens.

4. Die ECOWAS-Intervention in Mali – Die Umsetzung

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Die Truppen der ECOWAS sollten unter dem Namen AFISMA (African-led International Support Mission) in Mali agieren, welche durch eine UNO-Resolution Ende Dezember 2012 genehmigt wurde. Mit Unterstützung der EU (Frankreich: logistische und militärische Hilfe, Deutschland: Transportmaschinen) sollten die Vorhaben realisiert werden (Johnson 2012). Die ersten 2.000 Soldaten der AFISMA sollten bis zum 26.01.2013 in Bamako eintreffen, doch am 19.01.2013 waren erst 100 von ihnen einsatzbereit (DW.de 2013).

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Schwierig zu beurteilen sind die widersprüchlichen Informationen von verschiedenen Seiten. So erklärte ECOWAS-Präsident Alassane Ouattara am 21.01.2013, dass die ECOWAS-Truppen bereitstünden und der Einsatz in Mali beginnen würde, sobald es ein UNO-Mandat gebe. Drei Tage zuvor habe er die Mobilitätsorder unterzeichnet, und ein Kommandeur und ein Stellvertreter seien bereits in Bamako. Die 100 Soldaten dagegen erklärten, dass sie auf Verstärkung warteten.

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Der ECOWAS fehlte aber nicht nur finanzielle, sondern auch personelle Unterstützung. Deshalb forderte Präsident Ouattara, dass Deutschlands sich nicht nur zwei Transall-Transportmaschinen, sondern auch Soldaten für den Kampfeinsatz schicken sollte (Süddeutsche 2013b).

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Die vorläufigen Berechnungen der Kosten erwiesen sich als fehlerhaft und wurden von vorerst 150 bis 200 Millionen Euro auf 375 Millionen Euro korrigiert. Deutschland sicherte zu, den Einsatz auch finanziell zu unterstützen (Süddeutsche 2013a).

5. Ergebnisse des Einsatzes

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Obwohl es den französischen Truppen in Zusammenarbeit mit der AFISMA gelang, die nördlichen Territorien Malis zurück zu erobern, blieb die Sicherheitslage angespannt und wurde durch den Einsatz nicht signifikant verbessert (Süddeutsche 2013b).

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Man muss also feststellen, dass der Einsatz der AFISMA-Truppen seit ihrem Einsatz ab Januar 2013 ohne Erfolg blieb. Deswegen wurde die Einsatzleitung am 1. Juni 2013 an die UN-Truppen abgegeben. Demensprechend änderte sich der Name in MINUSMA (Mehrdimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali). [5]

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Hiermit endete der Militäreinsatz der ECOWAS-Truppen in Mali. Ein wirklicher Erfolg, der von afrikanischen Kräften erstritten worden wäre, blieb aus. Die Übergabe der AFISMA an die UNO zeigt gewissermaßen das Aufgeben des Versuches, eigenständig die Integrität Malis wiederherzustellen, bzw. es zeigt deutlich, dass die ECOWAS, trotz Unterstützung von der AU (Afrikanische Union), der UNO und der EU, sich nicht in der Lage sah, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Grund hierfür könnte das frühzeitige Eingreifen der französischen Truppen gewesen sein, neben denen die afrikanischen Einsatzgruppen schwach aussahen (Vorrath 2013).

6. Fazit

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Es ist nicht zu leugnen, dass die ECOWAS durch ihr frühzeitiges Eingreifen durchaus bemüht war, den Konflikt in Mali ohne Hilfe von außen zu lösen. Dazu gehörte der Versuch, den Konflikt mit Hilfe eines Mediators friedlich beizulegen, was den Leitbildern der Institution entspricht. Mit der Umsetzung der Militärintervention war die ECOWAS allerdings logistisch wie finanziell überfordert. Das frühe Eingreifen der französischen Truppen kann man natürlich als weiteren Grund für das "Scheitern“ der ECOWAS sehen. Fraglich ist nur, ob ohne diesen frühen Einsatz ein größerer Erfolg für die ECOWAS zu verzeichnen gewesen wäre. Im Nachhineit stellt sich die Frage nach der Kompetenz der ECOWAS im Bereich militärischer Interventionen. Die ECOWAS scheint sich aber ihrer eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten auf diesem Gebiet bewusst zu sein, da sie frühzeitig Unterstützung der genannten Akteure forderte. Die Verzögerung des Erfolgs durch die UN-Truppen hätten sich aber zum Teil vermeiden lassen, hätte es nicht zu Beginn die hohen selbstgesteckten Ziele der ECOWAS gegeben.

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Schließlich bleibt die Frage nach dem Erfolg des Einsatzes für die ECOWAS. In Anbetracht der Tatsache, dass die diplomatischen Versuche gescheitert sind und dass die Truppen der ECOWAS erst mit internationaler Unterstützung nach Mali gelangen konnten, die dann im Endeffekt komplett von der UNO übernommen werden mussten, kann man von einem Erfolg der ECOWAS nicht sprechen.

Literatur

DW.de 2013

'ECOWAS fordert mehr Hilfe für Mali'. Auf: Deutsche Welle. http://www.dw.de/ecowas-fordert-mehr-hilfe-f%C3%BCr-mali/a-16535793 , (27.05.2014)

ECOWAS 2013a

'ECOWAS Member States'. http://www.ecowas.int/ , (27.05.2014)

ECOWAS 2013b

'Presentation of ECOWAS'. http://www.comm.ecowas.int/sec/index.php?id=about_b&lang=en , (27.05.2014)

Gerlach, Sebastian 2010

Innere Konfliktregelungsmechanismen der Afrikanischen Union vor dem Hintergrund der Entsprechenden Bestimmung der Europäischen Union. Frankfurt: Peter Lang

Hofbauer, Martin / Münch, Philipp. (Hrsg.) 2003

Wegweiser zur Geschichte- Mali. Paderborn: Schöningh

Johnson, D. 2012

'Militärintervention in Mali. Afisma heißt die Rettung'. http://www.taz.de/!107942/ , (27.05.2014)

Lypp, Lucas 17.02.2012

'Plan B für Mali - Interview mit Alassane Ouattara'. Vanguard Media Limited https://dgap.org/de/think-tank/publikationen/dgapinterview/plan-b-f%25C3%25BCr-mali&ie=utf-8&oe=utf-8&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&channel=fflb&gws_rd=cr&ei=w7XaUqr3MsrZtQbZpICoAQ , (27.05.2014)

Obi Nwakanma 2012

'Boko Haram – Nigerias entfremdete Söhne'. Auf: Neue Züricher Zeitung http://www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/uebersicht/boko-haram--nigerias-entfremdete-soehne-1.14864723 , (27.05.2014)

Sandor, Adam. Januar 2013

'The problems and prospects for ECOWAS intervention in Mali'. Africaportal. Backrounder 51:1-5, http://www.africaportal.org/sites/default/files/Africa%20Portal%20Backgrounder%20No.%2051.pdf , (27.05.2014)

Schreiber, Wolfgang. 2013

Konfliktlinien 2012/13: Zwischen Militärputsch, Tuareg-Rebellion, islamistischem Aufstand und ausländischer Intervention. In: Hofbauer, M. / Münch, P. (Hrsg.) 2003

Wegweiser zur Geschichte- Mali. Paderborn: Schöningh, 207-215

Süddeutsche.de 2013a

'Ecowas benötigt 375 Millionen Euro für Mali-Einsatz'. Süddeutsche.de. http://www.sueddeutsche.de/politik/kampf-gegen-islamisten-ecowas-benoetigt-millionen-euro-fuer-mali-einsatz-1.1578307 , (27.05.2014)

Süddeutsche.de. 2013b

'Ecowas fordert Einsatz deutscher Soldaten'. Süddeutsche.de. http://www.sueddeutsche.de/politik/konflikt-in-mali-ecowas-praesident-fordert-einsatz-deutscher-soldaten-1.1577553 , (27.05.2014)

UN.org

'MINUSMA - United Nations Stabilization Mission in Mali'. United Nations. http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/minusma/background.shtml , (27.05.2014)

Vorrath, Judith 2013

'Neuer Anlauf für "afrikanische Lösungen" nach dem Mali Einsatz'. Stiftung Wissenschaft und Politik, http://www.swp-berlin.org/de/publikationen/kurz-gesagt/neuer-anlauf-fuer-afrikanische-loesungen-nach-dem-mali-einsatz.html , (27.05.2014)



[1] ECOWAS, 2013b: 4

[2] ECOWAS, 2013a

[3] ECOWAS, 2013b: 8-9

[4] Boko Haram ist eine islamistische Terrorgruppe, die hauptsächlich in Nordnigeria Anschläge auf staatliche Einrichtungen, auf Polizei und Kasernen, auf Christen und moderate Muslime verübt. Das Ziel dieser Gruppierung ist es, in Nigeria den Zentralstaat abzuschaffen und das Gesetz der Sharia in einem "islamischen Sharia-Staat“ zu installieren.

[5] Vorrath, 2013

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