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Johann Gottlieb Christaller an Merkles:

Lage des nun vereinsamten Christaller in Akropong; sein Entschluß, die beiden jüngsten Knaben im April doch nach Basel bringen zu lassen. Probleme bei der Bibelübersetzung, im Buch 'Könige' die Schwierigkeit, salomonische Bauten zu übersetzen

(Akropong, 2. Jan. 1867)

Nbrg,67 JG Chr 1

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[...] Am 10. Dez. bezog ich ein Zimmer, das im Jahre 1853 für mich gebaut u vom Jan. 1854 bis März 1857 von mir bewohnt worden war; Bruder Bellon, der zuletzt es innehatte, zog in ein noch im Bau begriffenes Haus, in dem zwei Zimmer (das eine nur noch nicht ganz gedeckt) bewohnbar gemacht worden sind. Ich meinte immer, ich komme darein, u freute mich auf die Stille u Einsamkeit, aber aus Besorgnis mehrerer Geschwister, daß Alleinsein im Fieber oder das Hin- und Hergehen zum Essen thue mir nicht gut, erbot sich Br. Bellon hinauszuziehen. Ich sah da auch wieder, wie man oft längere Zeit auf etwas reichen kann, das sich, wenn es eben eintreten soll, plötzlich anders gestaltet.

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Das größere u doch ziemlich stillere Zimmer u die trockene Jahreszeit haben guten Einfluß auf meine Gesundheit. Im Dez. brachte ich an der Bibelübersetzung nur 1. Kön. 1-9 zuwege, hatte freilich fast noch nicht so Schwieriges wie die Abschnitte über die salomonischen Bauten.

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Die Anklagen gegen meinen Gehilfen werden sich leider wenigstens in Hauptsachen bestätigen. Durch beharrliches Leugnen glaubte er vielleicht sein Entlassenwerden abzuwenden. Nun wird nichts anderes übrigbleiben; es thut mir leid für meine Arbeit, aber noch mehr für ihn u seine Frau. Oh, es ist unbegreiflich, wie verblendet der Mensch in der Sünde sein kann. Freilich gilt das nicht blos von grober Sünde, sondern auch von ehrbar aussehendem Sünderzustand, Selbstbetrug aller Art u Selbstgerechtigkeit.

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3. Januar: Heute habe ich nebenstehenden Brief (67/2) an die Kinderkommission konzipiert. Ihr werdet daraus ersehen, daß ich Euch u den zwei Kindern gerne gönnen möchte, wenn Ihr sie ein Jahr länger bei Euch hättet, aber es scheint, Ihr habt Euch nun bereits mit dem Gedanken, sie herzugeben vertraut gemacht.

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[...] Hr Pfarrer Pfisterer (17. Nov.) schreibt vom Defizit der Kinderhauskasse u zuletzt: 'Ihre beiden jüngeren Knaben werden wohl ohne Anstand gleichzeitig kommen können; an Platz fehlt es nicht; es sind jetzt nur 25 u 4 werden bis Frühjahr austreten.' - Es scheint mir, sie erwarten die Kinder auf unsere vielleicht etwas verfrühte Anfragen hin u weil sie gerne eine etwas gefüllte Anstalt haben, letzteres als (erlaubte) Ehrensache u aus Freude an ihrer Wirksamkeit unter den Kindern. Bei Erwähnung des Deficits (hauptsächlich infolge der Verbringung verschiedener Kinder von Indien nach Europa) sagt er: 'Die sonstigen Bedürfnisse werden willig gedeckt, es ist mir oft eine Freude, wie viele Hände bereit sind, auch für unser Knabenhaus zu arbeiten.'

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Dies ist auch ein gutes Zeichen für die Hauseltern; bei Meurets war es nicht so, Obst, Lebensmittel u dergl. wurden damals viel lieber ins Mädchenhaus geschenkt als ins Knabenhaus, vielleicht weil der Dank nicht herzlich war.

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Ich vermute, es wird nun dabei bleiben, daß die zwei Knaben im April nach Basel kommen u es wird recht sein so. Wenn ich auch im Frühjahr 1868 heimkommen sollte, wird es wohl Mai oder Juni, u das wäre dann zu spät für den Eintritt der Knaben in Basel. Meiner Druckarbeiten wegen werde ich mich jedenfalls in Basel aufzuhalten haben u dann hätte ich ja alle meine Kinder in der Nähe. Der Herr helfe mir soweit.

Heute habe ich nun den dreien in Basel u ihren Pflegeltern zu schreiben; es will mir fast an Stoff zu vier Blättchen für sie gebrechen, wie vermisse ich auch darin meine lb Emilie, die bei einer Handarbeit darüber nachdenken konnte u dann so ein Briefchen kurz u gut abmachte.

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