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Emilie an Gottliebe Merkle:

Emilie macht Bemerkungen über die Wesensart ihrer Kinder, zeigt, wie die gesundheitliche Lage an der Goldküste zur Zeit sehr zu Besorgnis Anlaß gibt, besonders auch, wenn sie von Br. Heck spricht

(Kyebi, 1. Juni 1866)

M3,66 Em 4

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Über Gottreich bin ich immer nicht recht im Klaren, von dem hieß es schon einigemal, er sei meist still u gebe sich nicht viel heraus, und da meine ich immer, das Kind habe niemand, gegen den er sich hinauslassen könne. Er hat etwas in seinem Charakter, das er mit Papa u Mama gemein hat, er nähert sich niemand, von dem er nicht weiß, daß er ihm geneigt ist, er versteht nicht, sich beliebt zu machen, und solche Leute stehen in einem Anstaltsleben, wo man auf die Bedürfnisse des Einzelnen nicht eingehen kann, allein, wenn nicht ein Gleichgesinnter sich zu ihnen findet; ich glaube dieses Los hat Gottreich; und dann hat er auch einen Zug, (daß er) im gesellschaftlichen Leben kein anziehender ist, nämlich er versteht keinen Spaß, nimmt alles für Ernst, spricht auch ohne Wahl alles aus, was man um die Eigenliebe anderer nicht zu reizen, verschweigen muß. Es ist das in gewissem Grad allen Kindern eigen, aber bei Gottreich ists Charakterzug, und der wird ihm bleiben wie seinem Papa, wenn nich ebendieses Anstaltsleben, wo er wenig geliebt und gelobt wird, ihn kuriert; er macht mir viel Sorge, denn von der Bildung des Charakters hängt in einem Menschenleben viel ab. Ich muß oft zu mir sagen, daran kannst Du glauben lernen, daß der lb Gott das Kind erziehen u für sein künftiges Leben bilden kann, ohne daß er dich dazu braucht.

<2>

Br. Heck, der mein Reisegefährte auf meiner ersten Reise nach Afrika war, ist vor einigen Wochen schnell gestorben; er wollte nächstens heimreisen; er war leidend; wurde in der letzten Zeit bei seinem ruhigen Charakter ziemlich dick u hatte öfter Erstickungsanfälle; er hinterläßt seine zweite, 19-jährige Frau, die in diesen Tagen ihre erste Entbindung erwartet. Sie ist in Aburi bei Frau Mohr. Es wird das für unsere Gesellschaft eine sehr betrübende Nachricht sein, es ist das in ganz kurzer Zeit der dritte Todesfall in Ossu. Dann muß Harnisch heim wegen Krankheit mit seiner jungen Frau und Kind, die erst ein Jahr hier ist; und Widmanns, an dessen Stelle sie nun meinen Mann haben wollen, wir sind begierig, obs soweit kommt, mit nächster Post kommt Antwort. Dann wird Zimmermann bald heim müssen (der Zängers Tochter haben wollte), seit er verheirathet ist, ist er krank, seine Frau auch, sie hat kürzlich abortiert. Br. Kromer, dessen Frau mit mir herauskam, muß auch heim, er war in letzten Tagen todkrank u schon längere Zeit so, daß er nichts mehr thun kann; Lochers wollen auch heim, Schall, der mein Begleiter auf meiner ersten Reise war, muß auch gehen. Nicht wahr, das sind Lücken? Es ist sehr schwer für die Committee.

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Schwester Meuret schreibt mir, daß im Februar ihr Vater gestorben sey, sie hatte in letzter Zeit vor, heim zu gehen auf ihres Vaters Wunsch, nun wird sie wohl bleiben. Sie schrieb früher, sie möchte am liebsten bei ihrem Beruf sterben.

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