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Johann Gottlieb Christaller an Eltern Ziegler:

Emilie hatte eine Totgeburt; Bericht über ihren Krankheitsstand

(Kyebi, 2. Aug. 1866)

Nbrg,66 JG Chr 1

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Geliebte Eltern! Herzlichen Dank für den Brief der lb Mutter u den der lb Bertha vom 12. Juni. Ihr werdet denken, die lb Emilie müsse noch oder wieder krank sein, daß sie nicht selber schreibt, und es ist so, aber der Herr hat uns darum noch nicht verlassen.

Im April hat sie sich nach der Krankheit im März, in welcher sie sich oft sehr schwach fühlte, schneller als man geglaubt hätte, wieder erholt u fühlte sich wohler als vor der Krankheit. Aber am 1. Juni bekam sie wieder Fieber, am 14. abermals, einen VM lagen wir (da ich wie schon am 27. April auch Fieber hatte) nebeneinander im Bett, aber solche einzelne Wechselfieber werden in Afrika nicht hoch angeschlagen, Leute, die daran oft 1 bis 2 Jahre am meisten haben, dauern vielleicht am längsten aus. Anfangs Juni mußte Emilie wegen eines heftigen rheumatischen Schmerzes in der Hüfte wieder ein paar Tage im Bett liegen (bei Wechselfieber-Anfällen habe ich selten einen ganzen Tag im Bett zu liegen) und Emilie kam über die letzten auch mit einigen Tagen weg, wir durften recht froh sein, daß jener ungemein lästige Schmerz nur so kurze Zeit währte. Dagegen hatte sie vor- u nachher sonstige Beschwerden, Schmerz in den Gliedern u dergl., die theils von ihrem Zustande her kamen, theils Vorläufer jener ernstlichen Krankheit waren, die am 2. Juni recht zum Vorschein kam. Der einige Zeit schon gehabte Hustenreiz wurde häufig u der Husten erschütterte den ganzen Leib, ließ sie bei Nacht nicht recht schlafen u kam leicht, wenn sie sprechen wollte. An Kandiszucker fehlte es uns nicht, statt Brusttee haben wir nur Eibichwurzel u Süßhö(l)z (außer dem Süßholzsaft), aber der Husten ließ von selber nach etlichen Tagen ab, dafür trat vom 29. Juni an Durchfall ein, 10 Tage lang, kurz, es war eine Art Schleimfieber oder wie es die Ärzte neuerer Zeit nennen, Unterleibsnervenfieber. In der Heimath würde es zu den milderen gerechnet worden sein u bestimmte Mittel dagegen hat man daheim auch nicht; was uns die Krankheit beschwerlich machte, war, daß man mit der Kost es nicht halten konnte wie daheim, da wir eben vieles nicht haben u haben können u sogar Eier gerade in dieser Zeit fast nicht aufzutreiben waren.

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Dazu kam dann ihr Zustand, von dem sie nicht gern vor der Zeit schreiben mochte, wir hatten bis Mitte September wieder Elternfreude zu hoffen, aber der Herr wendete es anders. Vom 2. Juni an hörten die Bewegungen der Frucht auf u als dann vollends der Durchfall dazu kam, wurde es uns wahrscheinlich, daß sie tot sey. Doch als der Durchfall aufhörte u zwei warme Bäder ihr recht wohlgethan haben, beschlossen wir, in etwa 8 Tagen nach Akropong aufzubrechen, wir hatten neue Hoffnung für Mutter u Kind, aber schon tags darauf stellten sich morgens Wehen ein u mittags vor zwei Uhr gebar sie ein totes Knäblein. Dies war wohl ein Schmerz, aber zum Dank mußte es uns seyn, daß von möglichen üblen Zufällen oder Folgen gar nichts vorkam, der Herr hat uns sichtlich geholfen u unsere Besorgnisse zuschanden gemacht. Emilie versuchte es, am achten Tage aufzustehen, das zweite Mal acht Tage später mußte sich aber die übrige Zeit wieder legen, denn es zeigte sich 8-10 Tage nach der Entbindung, daß die Krankheit, das Schleimfieber, eben doch noch nicht gehoben war, die meisten Erscheinungen traten wieder auf, nur milder als vorher, aber da wir mit der Kost wieder mehr zusetzen konnten,, fühlte sie sich doch nicht mehr so schwach wie vorher. Wir hoffen nun, es werde uns doch möglich seyn, am 11. August nach Akropong aufzubrechen, den ersten Tag bis Kukurantumi, wo wir einen Tag ausruhen würden, dann nach Akropong in zwei Tagen. Geschwister Mader werden uns freundlich aufnehmen, u so wird uns für einige Zeit auch die Sorge der eigenen Haushaltung abgenommen seyn. Vom 30. Juni an kam Fr Eisenschmid drei volle Wochen uns jeden Tag zu Hilfe, u konnte da der Kranken manchmal etwas kochen, was ich mit unserem Koch nicht wohl hätte zustande bringen können. Ich bin froh, daß in der ganzen Krankheit der Kopf (der) Emilie soweit freiblieb, daß sie mir immer die nöthige Anweisung fürs Kochen geben konnte. Mit meiner Arbeit wars natürlich diese 5 Wochen aus, die Krankenpflege u Haushaltung nahm mich ganz in Anspruch, nur einige Mal, wenn Fr Eisenschmid da war, konnte ich etwas thun; meinem Gehilfen mußte ich auch für Arbeit sorgen. So ists eben in Afrika, daheim schätzte man nie genug, was das Christentum für Segnungen gebracht hat. Aber wie danken nun die meisten dafür? Es ist kein Wunder, daß Gott wieder Gericht über unser Vaterland verhängt; es ist aber schmerzlich u traurig u über die Maßen, wie dieser unheilvolle Bruderkrieg herbeigeführt wurde.

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Wie ists da auch mit dem lb Julius, wird er nicht auch gleich in Anspruch genommen? Welche Summen Geldes, welche Anzahl von Menschenleben werden da draufgehen! Bei dem Krimkrieg wurde berechnet, daß ja ein Mann von den 100 000 viermal soviel koste als ein Missionar im Heidenland. Wir führen des Herrn Kriege, gering an Zahl, oft auch invalid, aber unsere Arbeit u unsere Leiden haben ihre Frucht für uns selber u für andere, u zwar für die Ewigkeit.

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Vom 3.-12. Juli hatte ich auch 5 Fieberanfälle, weil ich jede Nacht etlichemal aufzustehen hatte, um Emilie etwas über der Weingeistlampe zu wärmen oder wegen des Durchfalls usw u dies öfters, während ich im Schweiße lag, aber den Tag über war dann gerade um jene Zeit auch die Frau meines Gehilfen, außer Fr Eisenschmid zur Hand. Der Herr hat uns Tag für Tag geholfen; die längere Dauer ist eine Geduldschule, aber wenn wir die Geduld recht lernen u Glaube u Hoffnung dazu geübt u bewährt werden, ists auch was wert.

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Am 25. Juli dachte ich auch an Eueren Umzug; wo u wie wohnt Ihr denn jetzt? Für die Nachrichten, insbesondere über Ernst, Dank, wenn er auch ein paar Tage krank war, so kommt das ja bei anderen Kindern auch vor. Er soll besonders auch für seine Mama beten. Der Heiland hörts.

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