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Emilie und Johann Gottlieb Christaller an Gottliebe Merkle:

Emilie nur kurz über die Kinder; Christaller, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, schildert interessante Details über Schicksale einzelner Neger - Andeutung von Spannungen zwischen Christen und Negern; über Fragen des Kostgelds für die Kinder

(Aburi, 9. März 1864)

M3,64 Em 4

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(Es folgt geistlicher Zuspruch G. Christallers, der dabei vermerkt, daß die Missionsleute alle vom geschenkten Geld leben, die welche daheim bleiben, hätten es verdient oder ererbt, was keinen großen Unterschied vor Gott mache.) [...] Für Deine Negerin hast Du ja recht angelegentlich gesammelt, es freut mich, ich weiß aber nicht, für wen das Geld am besten verwendet wird; es gibt solche Fälle viele, d.h. es kommen immer wieder derartige vor; der Mutter unseres K. war sehr (unleserlich: = dringlich?), daß Deine Gebete ihrer Seele zugute kommen mögen, aber von dem Geld werde ich ihr nichts sagen, weil es ja vielleicht für jemand anders gesammelt ist. Wie es mit ihr gieng, will ich kurz anführen: nachdem ihr Knabe mit 18 1/2 Thalern freigemacht worden war, sie selbst noch 22 1/2 Thaler schuldig, [...] wurden von einem hiesigen Weibe für sie bezahlt, welcher sie als Pfand, gleich einer Sklavin, dafür dienen mußte; sie trug Palmöl oder andere Lasten an die Küste oder dergl. Einmal ging sie am Freitag mit Sohn K. zu ihrem Verwandten etwa drei Stunden von hier, um einen Vorrat Lebensmittel zu holen, redete mit ihren Verwandten über ihre Loskaufung u kehrte erst am Mo zurück. Für dieses zu lange Ausbleiben ließ ihre Meisterin, die als böses Weib bekannt ist, peitschen, daß man mehrere Tage nachher noch Spuren auf ihrem Rücken sah, und in den Block schlagen. (Ein hufeisenförmiges Eisen wird, das Handgelenk umschließend, in einen Holzklotz geschlagen, der jedenfalls zu schwer ist, um damit davonzuspringen. Ihr Bruder hörte davon u bewirkte ihre Loslassung, aber das Weib wollte nun bezahlt sein. Die Verwandten brachten 40 Hed (oder 20 Thaler) zusammen, aber nun fehlten noch 15 Thaler. [...] (G.Chr. hätte ihr gerne geholfen, damit sie nicht wieder verkauft wird.) Es darf aber nach gewissen Bestimmungen der Committee über Loskaufung von Pfändern und Sklaven kein einzelner von unseren Christen so etwas thun, sondern nur mit Vorwissen u Genehmigung des Presbyteriums, d.h. der sämtlichen Missionare der Station und der eingeborenen Kirchenältesten. Letztere nun fürchteten die Vorwürfe anderer Christen, welche gerne zu Bezahlung von Familienschulden Geld von den Missionaren entlehnt hätten u keines bekamen, weil keines zu solchen Zwecken da war, sodann setzten sie Mißtrauen in den Charakter des Weibes, welche sich schon lange hätte einem Manne verkaufen können, der ihre Schulden bezahlt hätte, wenn sie es nicht [...] vorzöge, Kinder abzutreiben und dergl [...]

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(die Missionare wollten dafür nicht bezahlen, [...] sie wohne nun wieder hier,) gibt dem Sohn K. das Essen, erbot sich auch als Wäscherin für uns, aber wir kommen ohne sie wohlfeiler aus.

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[...] Emilie hat soviel eigenes Geld mitgebracht, u da sie in Waiblingen schon unsere Zinsen und anderes eingebrockt (= eingebracht?) hat, so ist sie nicht gesonnen, dieses zu verbrauchen. Nehmen wir Dein gesammeltes Geld in Anspruch, so können wir es hier vorschießen, schriftlich abmachen, u die 36 Gulden bleiben in der Sparkasse oder wo sie sind für uns oder unsere Kinder. Wenn Du willst, kannst Du sie meinem Schwieger-vater als Verwalter unseres Vermögens übergeben, auch wenn es inzwischen mehr geworden sein sollte. Wir wollen unser kleines Vermögen nicht durch Missionsgeld vermehren, aber auch nicht ohne Noth jenes schmälern, solange unsere Verwilligung reicht. [...] Ich hatte in den letzten Tagen mehrere Konferenzprotokolle, Tabellen u Berichte ein- und abzuschreiben. Der Gegensatz zwischen Prälat Kapf oder den Michelianern u Hebich ist wirklich zu bedauern, doch kann Gott auch daraus Gutes hervorgehen lassen; man soll sich eben an keinen Menschen hängen und lernen, nur ihr Gutes, nicht aber ihr Fehlerhaftes oder besondere Ansicht in Dingen, die nicht Hauptsachen sind, sich anzueignen. [...] Wir sind seit unserer Wiedervereinigung recht glücklich miteinander und finden keine Ursache über die Vergangenheit zu klagen, wohl aber zu danken. [...]

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