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Johann Gottlieb Christaller an Eltern Ziegler:

Endlich wieder Nachricht erhalten; er berichtet detailliert von seiner Übersetzungsarbeit, auch von Verwaltungsaufgaben; Probleme der Gesundheit werden erwähnt

(Aburi, 8. Juni 1864)

M3,64 G C 2

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Theure Eltern, Eure Briefe vom 4. April haben uns umso mehr erfreut, als wir von Febr. u März keine erhalten hatten. Kann mir freilich denken, daß Ihr die Nachricht von der lb Emilie Ankunft habt abwarten wollen; schon sind seitdem mehr als 4 Monate verflossen, u während der lb Emilie Reisegenossen alle schon mehrere Fieber gehabt haben (von Br. Hauser wissen wir fast nichts), ist sie bis jetzt gesund geblieben u ich habe die Zuversicht, sie wird es ferner sein, da unsere Station gesund ist u in ihrem ganzen körperlichen u geistigen Wesen nichts ist, das zu Fieber u Krankheiten leicht Anlaß gibt, wie bei jungen vollbllütigen oder lebhaften oder leicht erregbaren Personen. Auch liegt nicht zuviel Arbeit oder sonstige Unruhe auf ihr, u andererseits fehlt es nie an Arbeit u an sonstigem Sach, die geradeso viel beunruhigen, daß man sich dagegen wappnen u wehren muß, oder, wenn das zuviel gesagt sein sollte, doch in Acht nehmen, so daß von träger oder zuvieler Ruhe auch nichts zu befürchten ist. Man stellt sich oft in der Heimath vor, die Hitze in Afrika mache schlaff u träge; es ist allerdings eine andere Luft, in der das Arbeiten oder blose Gehen bälder ermüdet als daheim; aber was die Hitze betrifft, so hat, wer seine Arbeit zuhause verrichtet, auf unseren Bergen wenigstens nicht eigentlich zu leiden. Emilie hat es hier schon oft gefroren, daß sie etwas Warmes um den Hals oder auf den Kopf holte, während mir der kühle Landwind morgens frühe oder der Seewind abends recht willkommen u wohltuend war. Sie hat scheints nicht zuviel Blut, obwohl ihr die 7 letzten Wochen auf der See u auch seitdem sie im Lande ist, das Essen schmeckte. Was mich betrifft, so machte ich von Anfang an wie manche andere die Erfahrung, daß das Klima, statt schlaff u träge zu machen, viel mehr aufregend wirkt, u das ist, glaube ich, bei Kopfarbeiten besonders der Fall.

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Im April war unser Negerbruder David Asante hier; ich ging in den ersten Wochen meiner Revision der vier Evangelien für eine 2. Auflage mit ihm durch, hernach übersetzten wir einen guten Theil unserer in 204 Paragraphen verfaßten Gemeindeordnung, einen Theil unserer Liturgie, machten an der Psalmenübersetzung weiter u dergl u dadurch wurde ich ziemlich mitgenommen, bekam auch ein rheumatisches Kopfweh, das ich im Mai nicht ganz verlor, u das bei zuviel Arbeit oder zuviel Störungen derselben leicht wiederkehrt. Von Mitte Nov. bis Ende März hatte mein sprachlicher Gehilfe vormittags die Mädchenschule u kam nachmittags nur 1 Stunde zu mir, seit April habe ich ihn wieder ganz zu beschäftigen; nur eine Lection gibt er täglich in der Schule, der ich an 3 Tagen teils anwohne, teils gemeinsam mit ihm vorarbeite, oder auch geschieht beides. Sodann habe ich gegenwärtig 6 verschiedene Arbeiten, die meisten für den Druck vor mir, von denen schwer zu sagen ist, welche am meisten erheischt u verdient, zuerst fertig gemacht zu werden:

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Die Revision unseres Gesangbuches, das ganz vergriffen ist und dessen 196 Nummern eine Anzahl weiterer Lieder, der Litanei aus unserer Liturgie und das Konfirmationsbüchlein beigegeben werden sollen, die Fortsetzung der Revision des NT, zunächst Apg und Römerbrief, für eine 2. Auflage, die Übersetzung der Psalmen und Sprüche, die zum Druck kommen sollten, ehe der nicht so dringliche, weil noch in 1. Auflage vorhandene Rest des NT revidiert ist, die Vollendung der Gemeindeordnung, welche von der Committee gewünscht (freilich nicht zunächst von mir verlangt) wird, damit sie den Gemeinden publiziert werden kann, die Vollendung der Übersetzung unserer Liturgie, welche wir, wie auch die Gemeindeordnung, gemeinsam haben mit den Basler Missionsgemeinden in Indien. Sie enthält außer den Sonn- und Festtagsgebeten und dergl. die Tauf-, Konfirmations-, Abendmahls-, Trauungs-, Begräbnis- und Ordinationshandlungen. Diese Handlungen kamen zwar bisher auch vor, aber z.T. ist eben eine deutlichere und verständlichere Fassung sehr erwünscht, eine Sprachlehre für die Volksschule (und danach eine größere für die Lehrer und Europäer); zunächst ist sie deswegen nöthig, daß die Eingeborenen ihre Sprache gleichmäßig und nach richtigen Grundsätzen schreiben lernen. (Es sei, fährt er fort, eben so bei einer Sprache, die nicht von lange her geschrieben wurde, daß es längere Zeit gehe, bis alles zur vollen Klarheit und richtigen Darstellung gebracht werde. Er habe nun genugsame Klarheit, aber bis dann alles recht geordnet, zu Papier geordnet, zu Papier gebracht und mit passenden Beispielen belegt ist, brauche es Mühe und Zeit.)

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In Akropong ist eine Mittelschule, eine Art Gymnasium im Kleinen, der Vorsteher derselben, Miss. Strömberg, wünscht meine Grammatik sobald als möglich gedruckt; wenn er eine Geographie u Weltgeschichte, u Br. Harnisch, welcher an dem Predigerseminar Lehrer ist, eine Religionslehre u Kirchengeschichte für den Druck schreiben, so machen mir diese Bücher auch noch zu schaffen. Dann ist fast das ganze AT noch zu übersetzen, ein Wörterbuch in Tschi u Englisch, womöglich mit Ga und Deutsch daneben, wäre sehr erwünscht - und zu alldem habe ich Auftrag u Lust, und zu anderem die Predigt dazu, - Ihr sehet, die Arbeit wird mir nicht bald ausgehen; fahrt fort, mit mir zu danken für die bisher gewährte Gesundheit u zu bitten um die fernerhin so nöthige Gesundheit und Tauglichkeit für solchen Dienst.

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Daß ich froh bin, wenn meine lb Emilie mir immer die Mehrzahl der zu schreibenden Privatbriefe abnimmt - ich habe noch meine amtlichen - könnt Ihr Euch denken. Wenn ich nicht auch gerne Briefe aus der Heimat hätte, wäre ich oft zufrieden, wenn ich keine zu schreiben hätte, doch gilt das hauptsächlich von den amtlichen u halbamtlichen.

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