Artikelaktionen
<< < > >>

Emilie an Eltern und Geschwister:

über Emiliens Abschied von den Kindern in Basel

(Bremen, 26. Okt. 1863)

M1, 63 Em 90

<1>

Ich habe immer noch keine Nachricht von Euch. Heut ist Montag, am Mittwoch werden wir aufs Schiff kommen. In Basel wurde ich den Tag vor meiner Abreise mit zwei Mädchen, die als Bräute nach Afrika gehen, von Hrn Pfarrer Sara u Hrn Pf Geß verabschiedet. Der Abschied von den Kindern war ein sehr schwerer.

<2>

Der Abschied von den Kindern war ein sehr schwerer. Paul verstand es nicht recht, er lag schon im Bett, und wollte immer haben, ich solle bleiben, bis er schlafe. Gottreich weinte eine Weile mit mir, dann faßte er sich und sagte 'adieu Mama' und ging zur Thüre, unter derselben drehte er sich wieder und sagte: 'Komm heraus, Mamma, mußt nich in dem finstern Zimmer bleiben', ich ging hinter ihm drein, er lief nach seinem Schlafsaal, aber immer sich nach mir umsehend, er gieng zur Thüre hinein und machte sie zu; ich dachte, einmal muß geschieden sein, und gieng dann einsam in stiller Nacht in großem Schmerz meinen Weg; die gute Martha weinte sehr und sprach kein Wort.

<3>

Eine Riesenthat habe ich gethan, in der Kraft des Herrn Herrn (sic!), bei großer eigener Schwachheit; einen geliebten Mann und 5 theure Kindlein herzugeben, steht in keines Menschen Kraft. Hier stehe ich nun allein, aber nicht gebeugt: ein reicher Herr ist es, dem ich gegeben, was mir lieb und theuer ist und seine Verheißungen sind auch mir Ja und Amen.

<4>

Ich logiere hier im Hause eines Missionsfreundes, u meine Zeit ist ganz ausgeeckt (= ausgefüllt?) mit Besuchen. Gestern vormittag in der Kirche, nachmittags war Ordination u Verabschiedung des Missionar Spauser, der im Dienst der hiesigen Missionsgesellschaft mit uns nach Afrika reist. Abends war ich mit meinem gastfreundlichen Hauswirth u seiner Frau zu einem Mitglied der Gesellschaft geladen, wo ich eine Menge von Gästen traf, eine ungeheure Tafel, die dicht besetzt war. Wenns bei uns die Leute so machten, wird man hoch aufschauen, freilich giebts hier mehr Reichthum als in unserem lieben Württemberg.

<5>

27. Okt. Heute erhielt ich Eure Briefe u freue mich herzlich, daß alles gut geht u der liebe Ernst Euch so viel Freude macht, hier im Hause sind 3 Kinder, ganz im Alter wie Martha, Paul u Theodor, ich kann sie fast nie ansehen, ohne daß mir die Thränen kommen. Der lb Bertha schönen Dank u Gruß. Heute höre ich, wir werden erst Do aufs Schiff kommen. Heute war ich bei einer Gasterei, u traf da auch den Kapitän unseres Schiffes, ein gebildeter, bescheidener, freundlicher Mann, der dieses Jahr schon einmal das Schiff nach Afrika führte.

Nun behüt Euch Gott, er gebe, daß ich Euch bald von Afrika schreiben kann. Für Besorgung des Passes meinen herzlichen Dank. In Liebe Eure Emilie Chr.

Fenster schließen