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Emilie an Johann Gottlieb Christaller:

Emilie schildert die Vorgänge bei der Geburt Benonis, macht sich über ihre neue Situation Gedanken und findet einen recht bestimmenden Ton ihrem Mann gegenüber

(Waiblingen, 17. Jan. 1863)

M1, 63 Em 37-40

<1>

Geliebter Gottlieb!

Am 2. Jan. half der Herr mir gnädig durch die schwere Stunde u schickte uns wieder ein Knäblein. 4 Wochen sind es zu früh, die Hebamme sagt aber, das Kind sei ganz reif. Ich denke, wie mir der Herr die Last auferlegte, so hat mir auch die Zeit abgekürzt, denn ich mußte unter meiner Last seufzen wie noch nie; das Kind lag mit dem Kopf vor, aber seine übrige Lage muß für mich ungeschickt gewesen sein. Die Geburt gieng sehr langsam vor sich, in der Nacht vom 1. Jan./2. Jan. hatte ich von Abends an schwache Wehen, gegen Morgen wurden sie etwas stärker, u außerordentlich schmerzhaft besonders im Kreuz, bei diesen schwachen Wehen mußte ich mich furchtbar anstrengen, bis das Kind morgens 1/2 7 Uhr da war, ich war so erschöpft, daß ich den ganzen Tag fast nicht mehr reden konnte, bis ein guter fester Schlaf in der folgenden Nacht mir wieder aufhalf; seitdem gehts Gott lob gut. (folgt Hinweis über das Stillen und das Äußere des Säuglings.)

<2>

(sie möchte bei dem erstgewählten Namen für ihn bleiben.) [...] Was Du mir besonders schriebst, lasse ich natürlich niemand mehr lesen. (seitl. Anmerkung: ich erkenne Deine Liebe darin, u Deinen Willen, mir Erleichterung zu schaffen, u danke Dir herzlich.) Ich hätte mich auch früher nicht entschließen können es zu thun; Menschen sind etwas ärmliches, wenn man Hülfe braucht u sucht, das hab ich hinlänglich erfahren. Es wäre mir lieb, wenn Du Dich in dieser Sache in keiner Weise gegen Hrn Insp. oder sonst jemand ausdrücktest oder so etwas wie Dich zu verantworten suchtest. Du hast Dich gegen keine Gesetze verfehlt, hast Dich deshalb nicht zu verantworten. Schreibt Hr Insp. Dir einen eingewickelten Vorwurf, so schluck ihn, zeig Dich aber nicht beleidigt, auch nicht eines Unrechtes bewußt; hierin bist Du ein freier Mann, jedem Menschen gegenüber; auf der anderen Seite dürfen wir aber auch nicht sagen, daß für unser fünftes Kindlein doch gesorgt werde, wenn es auch in kein Basler Register aufgenommen sei; wenn man uns das Aufnehmen versagte, dann wärs Zeit, das dennoch zu glauben, so lang es aber Gottes Ordnung ist für die Missionskinder auf diesem Weg zu sorgen, dürfen wir nicht auf einem anderen Weg die Durchhilfe des Herrn erwarten. Hier wär frei sein wollen nicht am rechten Platz; Du bist sonst gar zu ängstlich, aber das andere Extrem ist noch übler; wir erkennen u bekennen vor Gott unsere Missthat u dürfen uns dem nicht entziehen, was wir uns damit zugezogen. Wir müssen u wollen die Suppe ganz ausessen, uns demüthigen unter die gewaltige Hand Gottes, auf daß er uns erhöhe zu seiner Zeit. Das kann er auch vor Menschenkindern thun, sie sind ja in seiner Hand wie Wasserbäche, u leitet sie wohin er will. Sollte eine Anfrage von Basel an mich gemacht werden, so gäbe ich ohne Deine Zustimmung keine entscheidende Antwort; ich erwarte dies aber nicht, daß Du mein Kommen nach Afrika nun auch für unwahrscheinlich hältst, beruhigt mich nicht wegen mir, sondern wegen Dir. Die Comm. wird freilich nicht wissen, was jetzt beschließen, sind sie vorher im Labirinth gewesen wegen uns, so sind sies jetzt noch mehr. Gottlob, daß einer im Regiment sitzt, der auch dies vorausgesehen hat.

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