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Emilie an Johann Gottlieb Christaller

(Waiblingen, 16. Juni 1863)

M1, 63 Em 65-70

<1>

[...] Du wünschest also entschieden, daß ich nach Afrika komme. Es ist recht, daß Du Dich so entschieden aussprichst. Die Comm. war mit Deinem Dich unentschieden Aussprechen in Deinem letzten Briefe nicht zufrieden.

<2>

Hr Insp. u Rathsherr Christ waren den Tag vor der Prediger Conferenz bei mir u wollten von mir ein entschiedenes oder entscheidendes Wort haben, ich konnte u wollte das nicht geben. Als sie voriges Jahr über unser Hinausgehen berieten, wollten sie nichts bestimmen ohne meine Freudigkeit zum Gehen, als ich nach langem Kampf diese errungen hatte, wurde sie nicht berücksichtigt, ich mußte bleiben, ich dachte nun, wenn ich gehen soll, so ists an ihnen zuerst die Freudigkeit zu haben mich zu schicken; ich sagte daher, wenn sie mich gehen heißen, sei ich bereit dazu. Damit waren sie also nicht zufrieden u sie hießen mich acht Tage überlegen. [...] (sie erkläre sich bereit zu gehen, wenn es ihrem Mann nütze.)

<3>

Ich gehe gerne wieder nach Afrika u gerne wieder zu meinem geliebten Mann, das wirst Du doch mir zutrauen, wenns sonst auch niemand thut. H Insp. glaubt u giebt für Bargeld aus, ich wolle nicht mehr nach Afrika, weil ich Angst habe, ich müsse wieder Schiffbruch leiden.- Woher er diese Idee hat, weiß ich nicht.

<4>

(Vom Comm. ists noch nicht fest, ob sie geht, Pf Schwarz hinterbringt ihr Folgendes): Die Comm. halte Dich (d.i. G.Chr.) für einen widerspenstigen Menschen, der sich durchaus nicht lenken lasse; die Zeit, welche man Dich nach Winnenden schickte, sei eine Probezeit für Dich gewesen, ob Du nicht gefügiger werdest (also nicht Deine Gesundheit war allein der Anstand) u kaum habe die Comm. Dir wieder das Vertrauen schenken können, Dich in ihren Dienst zu holen, habest Du alles wieder zunichte gemacht durch einen Brief, den Du an H Insp. geschrieben u den er der Comm. vorlegte.

<5>

(Über diese Haltung ihres Mannes sagt sie): Ein tiefer Schmerz erfüllt mich über dieser Geschichte, u ich bin nahe daran, Dir auch wie Deine Vorgesetzten mein Vertrauen zu entziehen. Ich habe Dich ihnen gegenüber immer noch in Schutz genommen u bin eben dadurch auch in Mißcredit gekommen, weil sie glaubten, ich stehe in diesen Dingen mit Dir im Bunde, wenn die Comm. Dich nicht länger behalten will wegen Deiner Gesinnung, der sie nicht glaubt trauen zu dürfen, dann wehe Dir u Deiner Familie. Auf diesen Brief hat der H Insp. Dir verboten, wieder an ihn zu schreiben, schämst Du Dich denn darüber gar nicht? Mich würde es in den Boden drücken u wirst Du diesem Verbot denn auch nachkommen können? o wie wenig verstehst Du die Stellung eines Untergebenen zu seinem Vorgesetzten.

<6>

[...] Du schreibst unnöthige, sogar sündliche Briefe, wo doch das Briefschreiben so aufreibend ist, Du verschwendest in diesen eine Menge Unterwürfigkeits-Bezeugungen und Dein Thun zeigt das Gegentheil. Muß es Comm. u Insp. nicht ekeln davor? Mir gienge es so. Es thut mir weh, sehr weh, daß ich so schreiben muß. Und in dieser Beziehung wird es mir schwer werden, zu Dir zu gehen.

[...] In herzl. aufrichtiger Liebe Dein betrübtes Weib Emilie Chr.

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