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Emilie an Johann Gottlieb Christaller:

beklagt sich über ihr untüchtiges Mädchen, jetzt zweifelt sie also nicht mehr an ihrer Schwangerschaft und kann das Kind von außen deutlich fühlen

(Waiblingen, 17. Nov. 1862, Datum korrigiert aus 17. Okt. 1862)

M1,62 Em 29-32

<1>

Meine Lage will mir oft sehr schwer werden, weil ich so allein stehe; wies bei mir steht, und was ich befürchte, habe ich noch niemand gesagt, weiß und hab auch niemand, ich schaue nur von einem Tag zum andern auf den Herrn. Er hat ja dies alles voraus gewußt und hat mich doch so allein gestellt. [...] Will er mich aber abrufen von dieser Erde, so scheide ich gerne. Mein ganzes Leben ist mir ein Rätsel, aber dort wirds licht werden. Und wie wohl; gönne mirs und traure nicht, arbeite solange es Tag ist, Dir ist ja das Arbeiten beschieden, mir bloß das Leiden.

<2>

Aber der Herr kann nichts versehen. Unsere drei größeren Kinder möchte ich dann in den Kinderhäusern, Ernst bei Gottliebe wissen, bis er auch dort aufgenommen werden kann. Daß mirs in unserer Beziehung schwer geht, kannst Du Dir denken, Tag u Nacht keine Ruhe, was letzteres mir sehr wehe thut; mein Zusammenleben mit der Mutter macht mir auch Kummer, wie ich befürchtete, viel Noth. Und mehr als ich befürchtete, darf ich wohl sagen. (Bemerkungen über Minele Maurer aus Strümpfelbach.)

<3>

An Deinem morgigen Geburtstag will ich für Dich zu dem Pfleger der himmlischen Güter gehen. Lebe wohl, mein lieber theurer Gottlieb; unsere Tage sind in der Hand des Herrn. Ihm ist nichts zu viel u nichts zu wenig, was man braucht, um was man weint; ihm lege ich Dich alle Tage ans Herz; laß Dich das, was ich geschrieben, nicht betrüben, es bewegte mich schon 3 Monate; und immer schwieg ich wieder gegen Dich aus Schonung, aber diesmal drängte es mich, Dir alles zu sagen; wir haben ja einen Herrn, der uns hilft u auch vom Tode errettet; das habe ich in Wahrheit schon erfahren. In treuer Liebe Deine Emilie Christaller.

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