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Emilie Christaller an Gottliebe Merkle:

Emilie erzählt von Gottreich und schildert ihre Überlegungen, wie es während ihres zweiten Wochenbettes gehen werde

(Basel, 16. Okt. 1858)

M3,58 Em 2

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Liebe Gottliebe, in Eile, nur wenige Worte, auch von mir, weiß zwar nicht, ob Gottlieb schon geschrieben oder ob er nur dazukommen wird, im Sinn hat ers. Du willst zuerst wissen, wies unserem Zuckerbuben geht, Antwort 'gut'. Er ist gesund, hat guten Appetit u ganz dicke feste rote Backen, er ist sehr lebhaft, oft recht ausgelassen u krebselt schon auf dem Boden herum, probiert auch das Laufen, ich wünsche Dich oft her, Du würdest Deine Freude haben, er erheitert auch uns, besonders auch mir, wenn ich so allein bin, manche Stunde. Ich habe ihm schon Hosen gestrickt, da solltest Du ihn drin sehen, er ist wie so ein Seiltänzerle. Mir gehts, seit wir wieder hier sind, ganz gut. Ausgangs Januar erwarte ich meine Entbindung - es ist mir oft bange, weil es in unserem Häuschen so kalt werden soll, auch meiner langsamen Caroline wegen, in den ersten Wochen muß ich jemand nehmen, damit Gottlieb nicht mit Haushaltungsdingen belästigt wird. Wies ihm geht, wird er Dir wohl selber schreiben. Meine Meinung ist immer, er hätte sollen nicht so bald an die Arbeit gehen, jeder andere Missionar, der heimkommt, hat doch wenigstens ein Jahr Ruhe; aber 8 Wochen sind zu wenig. Daß es mit M. Nagel gut geht, ist mir sehr lieb, es war mir immer ein Anliegen, grüße sie u ihre Mutter, auch Frau Böhm, ich muß oft an letztere denken, weiß nicht warum. Eine recht gute Botschaft haben wir von Winnenden seit einigen Tagen auch einen grünen Porzellanofen, wie er heizt, weiß ich noch nicht, das Rohr ist noch nicht daran. Im Schlafzimmer heizen wir morgens u abends. [...] Nun leb wohl im Herrn, lb Lieb, Deine Emilie Chr.

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(G.Chr. im Nachwort): Lb Gottliebe, es ist nicht recht, daß ich Dir diese Zeilen 14 Tage vorenthielt, das erstemal ließen mich äußere Umstände, das andere Mal dergl. u andere Verstimmungen nicht zum Schreiben kommen. [...] Wie es mir geht? Ich kann ohne unwahr zu sein, sagen: gut, wünschte aber noch überdies oder jenes vollends hinüber, da und dort in besseres Geleise, nicht um von Leiden u Trübsal frei zu sein, sondern im Frieden Jesu Christi, im Glauben u in der Liebe, getrosten Sinn u Stärke zu haben. Die Arbeit hindert mich daran nicht, verschafft es mir auch nicht, kann mir aber auch mehr dazu helfen als schaden. Wir haben nun seit 3. Nov. unsere Bettlaken in der Wohnstube, die Kopfende, wo der Sopha stand, u Gottreich zwischen uns hineingebettet, daß ihn die Mutter bei Nacht viel leichter trocken und wieder in Schlaf bringen kann. In Waiblingen steht es nach den heute erhaltenen Briefen gut.

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