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Emilie Ziegler an Eltern und Geschwister:

erster Erfahrungsbericht über ihren Aufenthalt in Akropong, Schilderung der Hochzeitsfeierlichkeit vom 27. Januar

(Akropong, 24. Febr. 1857)

M3,57 Em 2

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Ihr habt jezt meine ersten Briefe von Afrika aus erhalten, u seid nun mancher Besorgnis los, Ihr werdet Euch freuen u dem Herrn danken, daß Er Eure Gebete erhört hat u mich über alle Gefahren hinweg sicher hieher brachte; doch werdet Ihr Euch jezt noch wünschen zu wissen, wie es mir hier geht; damit Ihr nun nicht so lange warten müsset, will ich Eure Briefe, nach denen es mich recht verlangt, nicht abwarten, sondern mich jezt schon hinsetzen und schreiben, obgleich die Freigebigkeit im Schreiben in Afrika nicht zu Hause ist, u ich schon gemerkt habe, daß ich mein Versprechen, dies oft zu thun, zu bald gab.

<2>

Leben u Wohlthat hat der Herr an mir gethan, in der Todesgefahr u auf der Reise; u hier bewahrte bis jezt sein Aufsehen meinen Odem; in der ganzen Zeit meines Hierseins war ich mit wenig Ausnahmen immer gesund und frisch, während meine Reisegefährten alle bis auf Br. Zimmermann Fieber hatten. Dies stimmt mich recht zum Dank gegen den treuen Gott, zumal da auch mein lb Mann sich bis jetzt meist wohl fühlt.

<3>

Zuerst will ich Euch von unserer Hochzeit erzählen, die fern von unseren Lieben daheim gefeiert wurde am 27. Januar. Wir freuten uns noch eine Zeitlang Braut u Bräutigam zu sein u einander zu kennen u zu haben, denn wir waren ja lange genug ohnedies. Den Tag vor unserer Hochzeit, der zur Zurüstung derselben bestimmt war, fühlte ich mich unwohl, u dachte: ich werde Fieber bekommen als Hochzeitsgeschenk. Ich verhielt mich den ganzen Tag ruhig u hatte nun Zeit, in Stille u Ruhe auf das Lebensstadium zurückzusehen, das ich mit diesem Tag beschließen sollte; es war mir unaussprechlich wohl bei diesem Rückblick, oft mußte ich wiederholen: Womit soll ich Dich wohl loben, mächtiger Herr Zebaoth usw. Du hast mein Herz gerühret, das ich gerne Dir gab, hast mich treu geführet: daß ich Dich noch hab.

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Unterdessen standen die Frauen hier zusammen u richteten das Nöthige zu; die gute Frau Mohr hat in jeder Beziehung Mutterstelle an mir vertreten; wie wahr ist das Wort des Herrn, daß, was man um seinetwillen verläßt, man hundertfältig wiederfindet. Wieviel mütterliche Sorge u Plage, wie manch heimatliches Obdach habe ich genossen u gefunden, seitdem ich meine Heimat verließ. Der Herr ist treu u gut, in dessen Dienst wir stehen.

<5>

Abends war ich wieder ganz wohl u konnte nun mit Christaller die hiesigen Geschwister zu unserer Hochzeitsfeier einladen; den anderen Morgen erwachte ich fröhlich u getrost u legte mich in meines Gottes Herz u Hände. Vormittags 10 Uhr traten wir den Weg zum Kirchlein an, voraus gingen eine Anzahl Negermädchen, hinter diesen Bruder Widmann, der die Trauung vollziehen sollte, u dessen Frau, dann wir beide, u hinter uns die Geschwister Zimmermann, Mader, Mohr, die Brüder Haas und Zimmermann der Jüngere, die Brüder Süß u Bauer von Akim, Heck von Abokobi und Rottmann aus Christiansborg; das Kirchlein war schon gefüllt von eingeborenen Christen und Nichtchristen, als wir ankamen. Diese hatten sich schon lange darauf gefreut.

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Es wurde nun deutsch das Lied gesungen: 'Jesu geh voran' (wie bei meiner Verabschiedung in Basel), damals schon gab es mir einen wehmütigen Eindruck, dieser blieb auch diesmal nicht aus, doch machte es mir nicht bange, denn ich weiß: Der Herr ist mein Licht u mein Heil, Er ist meines Lebens Kraft, warum soll ich mich fürchten oder mir grauen lassen? Dieser Gedanke machte auch mich getrost, als ich aufblickte u wohl liebe, theure Freunde sah, aber weder Vater noch Mutter noch Geschwister.

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Der Text zur Trauungsrede waren die Worte: Befiehl dem Herrn deine Wege u hoffe auf ihn, Er wirds wohl machen; es wurde daran manches Wort der Ermunterung geknüpft (die Abschrift davon werdet Ihr erhalten), was mir recht wohl that. Nachher hatten wir alle miteinander ein Mittagessen in Mohrs Haus; über Tisch erhielten wir 4 Gedichte (in M1 57 'Verse') von den Brüdern, die uns recht freuten, mitunter aber auch lachen machten, wenn in einem und dem anderen von Hochzeitsflügeln die Rede war, auf denen ein junges Ehepaar hoch hinauffliege, u danach in die Wirklichkeit zurückkommen müsse; uns war dies Zurückkommen erspart, denn wir wußten nichts von Flügeln, sondern blieben hübsch unten; daß Christaller hierin mir ganz ähnlich u nicht gleich von Gefühlen hingenommen ist, bin ich froh.

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Weißt Du noch, lb Mutter, was Du mir früher in Beziehung auf Solches für einen Namen gabst? Ich meine oft, ich höre Dich noch sagen. Wir waren ruhig u still vergnügt u glücklich und sinds noch u werden es bleiben, denn der Herr ist in unserem Bunde der erste u der dritte. Wir haben aneinander gefunden, was wir wünschten, nämlich ein treues Herz. Wir erfahren es: ein treuer Freund ist ein Trost des Lebens.

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Unsere Wohnung besteht, bis Mohrs fortgehen, nur aus einem, aber großen Zimmer, das mein Mann seit 3 Jahren seines Hierseins bewohnte, dasselbe haben wir durch einen Vorhang in zwei kleinere abgetheilt, in Wohn- und Schlafzimmer, sodaß es nun ganz heimatlich ist; die Möblierung ist einfach u simpel, was mir ganz gefällt, man darf nicht so viel Mühe auf unnöthiges Putzen u Schonen der Gegenstände verwenden. Unsere Kost haben wir von Mohrs; vom 1. März an ist mir die Kinderschule übertragen worden, welche bisher Frau Mohr hatte.

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Den 28. Februar: Heute erhielt ich zu meiner großen Freude das für mich bestimmte Album mit so vielen Segenswünschen darin. Allen, meinen herzlichsten Dank dafür; aber, liebe Eltern u Geschwister, eins vermißte ich darin, ich blätterte hinan u herum, mehr als einmal, aber Eure Namen fand ich nicht. Warum nicht? Vor einigen Tagen hatte Christaller starkes Fieber, was ihn sehr schwächte u für die nächsten Tage arbeitsunfähig machte, was ihn sehr sauer ankommt. Überhaupt, der Umstand, daß die eigentliche Arbeitszeit des Tages so kurz ist, viel Verleugnung, besonders Neugekommene. Mich hat es schon einige Male ganz trüb gestimmt, wenn ich etwas hatte, das gethan werden sollte oder das ich fertig wünschte u meine Kraft versagte mir den Dienst. Kann man vormittags von 9-12 Uhr u mittags von 2 bis 6 Uhr arbeiten, so darf man recht zufrieden sein, denn dann weiß man: ich bin nicht krank, von etwas nach dem Nachtessen zu thun ist keine Rede. (Text bricht hier ab.)

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