Artikelaktionen
<< < > >>

Johann Gottlieb Christaller an Joseph Josenhans:

Christallers Hauptproblem dreht sich um seine etwaige Verheiratung

(Akropong, 4. Mai 1856)

BM: BV 357 I 13

<1>

Lieber Herr Inspector! Beiliegende dreieinhalb Briefblättchen an meine Schwester Hannele u meinen Schwager J.G. Rapp, Oberlehrer in Eßlingen, erlaube ich mir durch Ihre Hand gehen zu lassen, einestheils weil es die von S.5 an besprochene Sache mit sich bringt, anderntheils weil ich weiß, Sie lesen solche Privatbriefe mitunter gerne, und weil ich vor Ihnen keine Geheimnisse habe, was ich sonst noch von niemand sagen kann.

<2>

Ich glaube daher, das was ich den Meinigen darin geschrieben habe, über meinen gegenwärtigen Erwartungszustand, bei dem ich aber wirklich ruhiger bin als zuvor, da ich nichts zu erwarten habe, hier nicht wiederholen zu müssen.

<3>

Ich bin froh, daß ich die Bitte an die Committee entschieden gestellt habe, es würde mich vielleicht jezt mehr Überwindung kosten, u doch fühle ich, daß nur diese mich wirklich beruhigen konnte. Wenns dann nicht geht, oder bei M.M. (= Minele Maurer) durch Umstände u Verpflichtungen ein 'Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben', sich ergäbe, oder ein bestimmtes Nein, so würde ich nicht den Gedanken vorderhand fallen lassen können, aber wahrscheinlich dem der Rückkehr nach Europa einige Zeit wieder Raum geben. Es ist nur gut, daß es der lb Gott oft besser weiß als ich, was mir gut ist u zugleich dem Werke.

<4>

Von M(ine) Maurer schreibe ich meinen Schwestern nichts, und ich habe sie auch nicht in die Alternative meiner Erwartungen oder Pläne wie ein Kind der Vorsehung solches sprechen darf, aufgenommen. Es schien mir nun doch unerlaubt.

<5>

Vor einiger Zeit hatte ich verdeckt nach der Kleinkinderschule in Ulm bei meiner Gottliebin, die einen Besuch dort, aber keinen Namen, wie früher erwähnt hatte, angefragt.

<6>

Weil ich dachte, vielleicht mache mich die Antwort des Gedankens überhaupt los, aber ich erfuhr wieder ihren Namen und (deren) fortdauerndes Dortsein, doch nichts weiter. Nun ist der Name vertauscht, aber aus dem Gedanken könnte der lb Gott ernst machen nach dem Sprichwort: Der Mensch denkts, (was er auch oft kaum so keck ist) und Gott lenkts, was für den Fall ihres Kommens eine Haushaltung betrifft, wäre es mir lieb, für einige Zeit sie mit meinem nächsten Nachbarn oder Mithausbewohnern gemeinsam haben zu können, seiens Dieterles oder Maders; während ich immer der Meinung war, im Fall der Institutsvereinigung wäre Br. Dieterle als Hausvater wohl am Plaze (seine Sprache wäre vorzugsweise Englisch, ein besseres als Br. Maders und das wäre nur zum Vortheil der Zöglinge, die eben im Englischen zuhause werden müssen, solange sie noch so wenig Bücher in der Landessprache haben); so meinte neulich, letzten Montag bei einem Ausflug mit den Zöglingen Br. Mader, er, Dieterle, werde nicht neben Zimmermann wollen und anderseits in Abude ein anderes Haus wünschen, ich traue aber Br. Dieterle, trotz früherer Äußerungen derart, etwas Besseres zu, übrigens wird es auch hierin gehen wie Gott will, und wenn sogar aus der Vereinigung nichts würde, (Widmann u Mader fürchten scheints die Überfüllung der hiesigen Station), so könnte Mader neben Dieterle hier bleiben u ich bekäme für eine Zeit vielleicht freiere Hand, etwa für eine Weile zu Süß nach Akyem.

<7>

Wenn die vier Evangelien in Akuapem gedruckt werden, (oder Widmann ist nicht dafür, den Johannes vorauszuschicken, ich lese ihn nochmals mit David (Dieterle-Asante), und führe einige den hiesigen Akyem-Dialekt gemeinsame Formen durch), so besorge ich, ist es schwierig, nachher auf den Akyem-Dialekt überzugehen, ich habe mich mit letzterem durch Dav. Diet(erle) schon ziemlich leicht und vertraut gemacht.

<8>

Baum ist am 15. April zu Süß abgereist, ich begleitete ihn eine Tagereise zu Fuß, da er aber unterwegs Fieber bekam u sich tragen lassen mußte, bedauerte ich, daß die Überforderung meiner bestellten vier Träger es mir unmöglich gemacht hatte, ihn ganz zu begleiten. Doch muß auch das gut sein; Baum ist wieder gesund und froh, daß er drin ist, weil dort gleich darauf die Regenzeit eingetreten ist. Br. Süß ist gesund u werde bald zu uns kommen (wozu aber wirklich seinen Antrag wegen der Dialekte ausdrücklicher zu begründen?).

<9>

Br. Herzog wurde am 16. April durch Träger nach Abokobi abgeholt, ist noch nicht frei von der Dysenterie u wird am Ende durch die Umstände seinen Wirkungskreis in Abokobi ferner angewiesen erhalten.

Ihnen, theuerster Herr Inspector, wünsche u erbitte ich reichlichen Zufluß der göttlichen Kraft für Leib und Geist, damit Sie unter der Last u Arbeit bei dem ausgedehnten vielseitigen Werke nicht erliegen. Würde im Fall Ihrer Verhinderung vielleicht Ihre werthe Frau die Güte haben, ein etwaiges Braut-Werbebrieflein und ein paar Zeilen an mein Hannele zu schreiben?

Meine herzlichen Grüße an Sie und die lb Ihrigen, Frau Pfarrer Hager und Herrn Pfarrer Geß.

Ihr dankbarer G. Christaller.

<10>

(Am Rande der ersten Seite steht:) Ich bitte, die etwaige Heiratserlaubniß nicht ins Magazin oder den Heidenboten drucken zu lassen, bis sie nicht durch Einwilligung von der andern Seite definitiv geworden ist.

<11>

(Am Rande der 2. Seite steht:) Was Sie mir über Missionsberichte schreiben, habe u werde ich nicht vergessen, auch haben wir noch keinen solchen früheren Fetischmann wie Steinhauser.

Fenster schließen