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Johann Gottlieb Christallers Protokoll der Feierlichkeit beim Empfang des Herrn Oberhelfers Josenhans im Missionshause am 18. März 1849

(Basel, 18. März 1849)

Nbrg JG Chr 0

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Gemäß der vor mehr als 3 Monaten festgewordenen Berufung des Hrn Oberhelfers Josenhans aus Winnenden zu einem zweiten Inspector der ev. Missionsanstalt zu Basel sollte derselbe am 15. März eintreffen, das Amt zu übernehmen. Da aber die gefährliche Erkrankung eines Kindes, infolge der er seine Frau unterwegs zurücklassen mußte, einen Aufenthalt seiner Reise veranlaßte, kam er erst am Sa 17. März Abends 5 Uhr an; die feierliche Einführung in sein Amt wurde auf den drauffolgenden Sonntag Abends 5 Uhr bestimmt. Sie fand in dem großen Lehrsaal des Missionshauses statt.

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Um den Tisch in der Mitte des Zimmers vor dem Clavier saß die gesammte ehrwürdige Committee (ein Mitglied, Hr Sarafin, fehlte), rechts u links von dem Hrn Präsidenten Laroche der neuangekommene u der bisher noch alleingestandene Inspector. Wenn der Redner auf der Erhöhung des geschmackvoll bekränzten Claviers stund, hatte er vor sich die Committee, rechts die sämtlichen Zöglinge des Missionshauses, ihm gegenüber 2 aus dem Arbeitsfelde in den Heidenländern zur Erholung in die europäische Heimath gekommene Missionare, 2 Lehrer des Missionshauses, Vorsteher u Lehrer der Voranstalt u einige weitere Glieder der Familie des Missionshauses, links endlich die neue Hausmutter des Missionshauses (Frau Pfr Hagers Wittwe, eine Schwester des neuen Inspectors) nebst einer weiteren Schwester, einer Nichte u dem Söhnlein des Hrn Insp. Josenhans, sodann die Hausmutter der Voranstalt u eine Gehilfin, und die sämtlichen Zöglinge der Voranstalt.

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Nachdem die Zöglinge der Missionsanstalt 2 Verse eines eigens für diese Feier gedichteten Liedes gesungen hatten, trat der Präsident der Missionscommittee, Hr Pfr Laroche, auf mit einem herzlichen Gebet, worin er den Dank gegen Gott für die Veranlassung dieser fröhlichen Zusammenkunft ausdrückte. Dann hielt er eine Anrede, zuerst allgemein an die ganze Versammlung, hernach an die Herrn Inspectoren Hoffmann u Josenhans u des letzteren Schwester je besonders gerichtet.

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Er begann dieselbe mit einer Anwendung der Worte Jacobs: 'Ich hatte nicht mehr, denn diesen Stab, da ich über diesen Jordan gieng und nun bin ich zwei Heere worden' (1. Mose 32,10, vgl. mit 28,11) auf die hiesige Missionsgesellschaft. Er führte zurück auf die Anfänge der Gesellschaft, wie sie, sozusagen auch gleich Jacob unter freiem Himmel übernachten mußte, da die Gründer der Gesellschaft, nachdem sie den glaubigen Entschluss zu dem Unternehmen gefaßt, noch keinen Inspector, keinen Zögling, kein Haus hatten; dann schilderte er das Wachsthum und die Ausbreitung des Werkes, wie die erste Wohnung bald zu klein geworden sey, worauf das jetzige Missionshaus erworben worden sey, das nach und nach seine gegenwärtige erweiterte Einrichtung erhalten habe, wie das Ziel der Missionsgesellschaft zunächst nur gewesen sey, Zöglinge für die niederländische und englisch kirchliche Missionsgesellschaft heranzubilden, wie sie es aber hernach habe unternehmen können, eigne Missionen zu gründen.

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Das erste mit Missionaren unmittelbar von Basel aus beschickte Arbeitsfeld sey Armenien gewesen, einer der dort thätig gewesenen Arbeiter sey in der Person des theuren Bruders Zaremba zugegen.

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Als diese Mission aufgegeben werden mußte, habe sich ein neues Arbeitsfeld in Vorderindien eröffnet, hernach auf der Goldküste in Westafrika, zuletzt in Ostbengalen und China. So seyen denn 2 Heerlager entstanden und bei solcher Ausbreitung des Werkes habe die Committee selbst längst erkannt, daß Ein Mann der Leitung desselben nicht mehr gewachsen sey, die mehrmals angebotene Hilfe habe aber der theure Inspector selbst immer noch ausgeschlagen, bis in den letzten Jahren, in welchen ihm seine Gattin gestorben sey, sich ihm, besonders durch schwere Körperleiden, das Bewußtsein von der Unmöglichkeit aufgedrängt habe, die Last des Amtes fernerhin allein zu tragen, ja sogar nur überhaupt auf dieser Stelle, in diesem Wirkungskreis zu bleiben.

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Weiter führte nun der Redner durch die prüfungs- und sorgenvolle Zeit hindurch, in welcher man sich so lange vergebens nach dem rechten Mann oder den Männern umsah, welche an die Stelle oder doch an die Seite des Inspectors Hoffmann treten sollten, und legte endlich dar, wie herrlich Gott alle die Dunkelheiten erhellt und vollkommene Hilfe gebracht habe, indem nicht nur Hr Oberhelfer Josenhans so augenscheinlich für diese Stelle bestimmt und berufen, sondern auch Hr Insp. Hoffmann durch wiederhergestellte Gesundheit uns neu geschenkt sey.

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Nach Beendigung dieser Ansprache sangen die Zöglinge des Missionshauses einen weiteren Vers des angefangenen Liedes, u Hr Insp. Hoffmann trat nun auf.

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Er sprach sich in seiner kräftigen bestimmten und gedankenreichen Weise über seine freudige und schmerzliche Erfahrung während der 10 Jahre seiner Amtsführung, besonders der letzten davon, aus, wie er in jugendlicher Kraft das schöne und segensreiche Amt angetreten habe, durch seine Krankheitsleiden und die Last der Arbeit aber in Zustände greisenhafter Ermattung seiner Kräfte gekommen sey, in denen ihm das fernere Bleiben an diesem Orte nicht nur zweifelhaft geworden, sondern sogar völlig unmöglich erschienen sey. Letzteren Gedanken aber Raum zu geben, habe es ihn einen langen Kampf gekostet, wegen der Liebe zu seinem Werke und des reichen Segens, den er aus dem Umgang mit den Zöglingen des Missionshauses in diesen 10 Jahren gehabt habe. Dann versetzte er die Gemüther der Zuhörenden mit ihm in die trüben Nebel, die ihm den Ausblick in die Zukunft vorhielten, als er nach dem Ergebnis dieses inneren Kampfes habe beten können: Herr, wohin soll ich gehen? Wie aus dem düsteren Nebel bald dieß, bald jenes bekannte Haupt, sogar das des leiblichen Bruders auftauchte, aber immer wieder die Hoffnung, durch einen solchen gewünschten Mann abgelöst zu werden, oder doch Erleichterung zu erhalten, verschwunden sey, bis sich sein geliebter Joseph (d. i. Josenhans) auf den an ihn gericheten Ruf bereitwillig und freudig zeigte, das ihm angetragene Amt eines Hausinspectors zu übernehmen, er, sein Jugendfreund schon, mit ihm in Einem Hause geboren, in Einer (äußerlicher und geistiger) Luft aufgewachsen, auch sein Nachfolger an 2 zugleich versehenen Gemeinden.

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An diesen, den Hrn Josenhans, sich wendend, verhieß er ihm nun die Freuden, daneben aber auch die Beschwerlichkeiten des Amtes, die nach eigener Erfahrung seiner warten. Auch desselben Schwester Beate, in deren Hände diejenigen Besorgungen gelegt wurden, welche seiner Gattin früher obgelegen waren, redete er an. Dann nahm Hr Hoffmann gewissermaßen Abschied von den Brüdern im Missionshaus, wobei er sagte, wenn er jetzt auch nicht mehr auf dem Exerzierplatz vor ihnen stehe, so finden sie auf dem Kampfplatz einander wieder. Der Committee sprach er seinen Dank aus auch für die Theilnahme und Nachsicht, die sie ihm bei seinen Leiden und bei seinen Schwachheiten und Unarten, die er oft an sich gehabt, bewiesen haben.

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Von den Zöglingen des Missionshauses wurde nun wieder ein Vers gesungen, darauf hielt Herr Oberhelfer Josenhans seine Ansprache, worin er die Freudigkeit u Glaubenszuversicht, womit er das Amt übernehme, ausdrückte, u die Gründe u Ursachen dieser vertrauensvollen u freudigen Stimmung aus seinen Führungen u Lebenserfahrungen darlegte. Auf das Einzelne seiner Rede kann ich jedoch wegen Mangels an Zeit u Raum hier nicht mehr eingehen.

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Nachdem er geendigt, sangen die Missionszöglinge die 2 letzten Verse des schönen u passenden Liedes, u an die Schlußworte 'Du wirst es thun', anknüpfend, sprach Hr Pfr Legrand ein innig dankbares, aber auch demüthiges Schlußgebet, worauf noch die 2 ersten Verse des Liedes 'O heilger Geist, kehr bei uns ein', gesungen wurden.

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Nun küßten Hr Hoffmann u Hr Josenhans einander, letztere u seine Frau Schwester als nunmehrige Hausmutter begrüßten die Committeemitglieder unter brüderlichem Handschlag u dann begab man sich hinab in den Speisesaal.

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Hier waren 2 große Transparente angebracht; das eine hatte oben ein Kreuz zwischen sinnigen Verzierungen, in der Mitte die 3 Bibelsprüche: (Röm. 1,7:) Gnade sey mit euch, (1. Kor 2,2:) Ich hielte mich nicht dafür, (Gal 6,14:) Es sei aber ferne von mir, u unten das Verschen: Der am Kreuz ist meine Liebe u sonst nichts auf der Welt; das andere hatte oben Sinnbilder der Ewigkeit usw, die sich auf das Verschen unten: 'Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit', u auf die Sprüche in der Mitte: Dan. 12,3, Röm 8,18, Off 22,14. Die Lehrer werden leuchten: 'Wir halten aber dafür', 'siehe, ich komme bald', bezogen.

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