Startseite / Archive / 2005 / Herrmann Jungraithmayr, Wilhelm J.G. Möhlig & Anne Storch 2004. Lehrbuch der Hausa-Sprache.
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Lehrwerke für moderne Fremdsprachen wie Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch etc. gibt es zuhauf, sie werden schon seit Jahrzehnten entwickelt und es gibt regelrechte Lehrwerkgenerationen, bei denen man die Geschichte der Fremdsprachendidaktik, der sprachwissenschaftlichen Theorien und der Layoutanforderungen mit verfolgen kann.

Auch das 2004 neu erschienene Lehrbuch der Hausa-Sprache von Herrmann Jungraithmayr, Wilhelm J.G. Möhlig und Anne Storch hat einen Vorläufer: die seit 1976 in drei Auflagen bei Dietrich Reimer erschienene Einführung in die Hausa-Sprache von H. Jungraithmayr und W.J.G. Möhlig.

Mit dazu gehört auch noch eine Audio-CD, auf der man insgesamt 36 Dialoge, Lese und Liedtexte zum Hören und Nachsprechen findet.

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Und auch hier kann man feststellen, dass die Autoren sich bemüht haben, den veränderten Anforderungen an ein modernes Sprachlehrwerk zu genügen. So stellt das neu erschienene Lehrwerk weit mehr dar als nur eine Neuauflage des seit längerem vergriffenen Lehrbuchs, wie wir im Folgenden sehen werden.

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Die Reihenfolge des in den Lektionen präsentierten Lehrstoffes wurde zwar im großen und ganzen beibehalten, doch die Lektionen und Übungen sind völlig anders aufgebaut, außerdem gibt es nun zusätzlich landeskundliche Informationen, einfache Lesetexte und zahlreiche Illustrationen.

Neu ist auch das System der Längenbezeichnung: Wurde in Jungraithmayr & Möhlig (1976) die Vokallänge mit einem Doppelpunkt gekennzeichnet, so geschieht dies nun mit einem Doppelvokal, also z.B. statt mó:ta: 'Auto' nun móotaa.

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Zielgruppe des Lehrwerks sind vor allem Teilnehmer an Hausakursen, da es, laut Vorwort, "… vor allem für den Unterricht in der Klasse bzw. mit der Begleitung eines Sprachlehrers gedacht" ist (7).

Die Teilnehmer eines solchen Sprachkurses sollen mithilfe des Lehrwerks eine Vorstellung über die grammatische Struktur des Hausa bekommen, aber auch befähigt werden, "sich über einfache Belange des Alltags unterhalten zu können" (ebd.).

Die durch das Lehrwerk vermittelten und im Unterricht einzuübenden Fertigkeiten umfassen sowohl rezeptive (Leseverstehen und Hörverstehen) als auch produktive (Sprechen und Schreiben, Übersetzen).

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Das Buch umfasst 335 Seiten. Nach einer allgemeinen Einführung, in der u.a. auch die Lautlehre des Hausa behandelt wird, folgen 30 kurze Lektionen, sowie ein Anhang mit zusätzlichen Dialogen und Texten, Übersichten zu den Verbalstämmen und Pronomina und einem Vokabular Hausa-Deutsch und Deutsch-Hausa.

Die einzelnen Lektionen sind immer nach einem ähnlichen Muster aufgebaut: In Teil A findet man Dialoge oder Lesetexte, in Teil B grammatische Erläuterungen und in Teil C Übungen, meist zum jeweils behandelten Stoff, aber auch zur Wiederholung von bereits früher gelerntem. Dazu kommt in vielen Lektionen ein Exkurs zu landeskundlichen Themen, z.B. Grußformeln (L 1), Namensgebung (L 5), Kano (L 8), Essen (L 15), Kleidung (L 18), Literatur (19 und 28), etc.

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Die Dialoge sind inhaltlich aktualisiert gegenüber Jungraithmayr & Möhlig 1976. Die Lesetexte sind kurz und einfach gehalten. Sie umfassen Märchen (L 7) und Tierfabeln (L 14 u. 19), andere Kurzgeschichten (L 18 u. 28) und Sachtexte (L 15, 26, 27 und 29), aber auch Preissprüche (L 21), Liedtexte und Gedichte (L 21, 22 u. 24), sowie Sprichwörter (L 30). Ab Lektion 25 werden in den Texten Ton und Vokallänge nicht mehr markiert, wie in der offiziellen Hausa-Orthographie.

Die grammatischen Erläuterungen sind auch für sprachwissenschaftliche Laien verständlich, dabei wurde auf eine fachspezifische Terminologie soweit wie möglich verzichtet, oder diese wenn nötig erläutert. Ein kleiner "Ausrutscher" ist dabei lediglich die Verwendung des Begriffs "Efferential" in Lektion 14 (150), der soweit ich sehen konnte an keiner Stelle erklärt wird.

Die Übungen sind vielfältig und abwechslungsreich. Man findet vor allem Einsetzübungen, Transformationsübungen und Übersetzungen, aber auch Übungen, bei denen man Fragen beantworten, Sätze konstruieren, oder Wörter bzw. grammatische Formen identifizieren muss. Außerdem gibt es in vielen Lektionen sogenannte "Arbeitsaufträge". Dies sind zum Teil Unterrichtsvorschläge, wie z.B. gegenseitiges Vorlesen und Diktieren (L 14, L 26), einen Marktbesuch spielen (L 17), etc., zum Teil aber auch kreative Aufgaben wie z.B. die Fortsetzung eines Märchens schreiben (L 7), einen Text über Kano auf Hausa schreiben (L 8), einen Text zu einer Bildergeschichte schreiben (L 20), ja sogar ein Gedicht auf Hausa verfassen (L 25). Andere Arbeitsaufträge stellen eine Art Lerntipps dar, so z.B. die Anlage eines Vokabelheftes (L 1).

Kritik

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Bei allem Lob für dieses neue Lehrwerk muss man freilich auch an manchem Kritik üben. Dies betrifft vor allem die Übungen. Dort fehlt ein Lösungsschlüssel, auf den von den Autoren des Lehrwerks bewusst verzichtet wurde, "um die Lernenden zum selbständigen Bewältigen der Übungsaufgaben zu motivieren"(8). Doch muss man die Lösungen wirklich weglassen, nur weil manche Studierende sonst zu oft "spicken"? Durch einen Lösungsschlüssel am Ende des Buchs wäre das Lehrwerk auch für Selbstlerner verwendbar, und das wäre ein klarer Vorteil. Hilfreich für Selbstlerner wären auch Lösungsmuster für alle Übungen, die man im Buch nur bei manchen Übungen findet.

Auch die Übungen selbst enthalten manche unnötige Schwierigkeiten. Einzelne Übungen können in dieser Form nicht gelöst werden bzw. ergeben sprachlich wenig Sinn. So z.B. L 4, Ü 1, wo die Übungsanweisung lautet: "Vervollständigen Sie die Sätze. Setzen Sie sie anschließend in den Plural", in den meisten Beispielsätzen die Nomina aber bereits im Plural stehen bzw. Kollektiva wie túwóo 'Hirsebrei' oder súkaríi 'Zucker' sind. Auch dies sind kleine "Ausrutscher", die in einer neuen Auflage des Lehrwerks überarbeitet werden sollten.

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Eine weitere Schwäche des Buches ist meines Erachtens das Vernachlässigen der Ausspracheschulung. Freilich gibt es eine Einführung in die Lautlehre und die prosodologische Struktur des Hausa, wobei vor allem auch die Tonregeln und die Satzintonation ausführlich behandelt werden. Außerdem findet man im Vorwort den Hinweis, dass man die besten Lernerfolge erzielt, "wenn man zunächst von einer analytischen Methode absieht und stattdessen der 'Papageienmethode' folgt, indem man die Studierenden das Vokabular und die Textstücke möglichst ton- und akzentgetreu nachsprechen lässt." (9) Allerdings erfordert diese Methode einen Hausalektor mit nahezu muttersprachlicher Aussprachekompetenz bzw. wenn möglich einen native speaker als Kursleiter. Nötig wären zusätzliche Ausspracheübungen, bei denen man lernen sollte, schwierige Laute, Vokallängen und Tonunterschiede zu hören und korrekt zu bilden. Im Lehrwerk findet sich dazu jedoch nur eine einzige Übung (L 1, Ü 2), sowie einzelne Transkriptions- und Diktatübungen.

Helfen kann man sich ein wenig dadurch, dass man die zum Lehrwerk gehörende CD mit anschafft und die Texte möglichst oft hört, wobei man besonders auf die Aussprache und die Prosodien achten sollte.

Weitere Vorschläge

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Fremdsprachenunterricht ist seit der "kommunikativen Wende" in den 70er Jahren kommunikativ-pragmatisch orientiert. Das bereits oben zitierte Lernziel des Lehrwerks "sich über einfache Belange des Alltags unterhalten zu können" zielt ja in diese Richtung, und man kann in einzelnen Lektionen auch manche kommunikativen Elemente finden. Doch sollte diese Komponente meines Erachtens noch stärker betont werden.

Im Vorwort des Lehrwerks wird vorgeschlagen, "feststehende Ausdrücke und Redewendungen, Dialogteile und 'nützliche Sätze' auswendig zu lernen" (8). Zu diesem Zweck wäre es nützlich, diese auch als solche zu markieren.

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Ein separates Übungsbuch mit zusätzlichen Übungen (möglichst mit Lösungsschlüssel) würde den Studierenden helfen, das Gelernte zu vertiefen und im Gebrauch der Formen sicherer zu werden.

Ein Lehrerhandbuch sollte entwickelt werden, um den Lektoren die Arbeit mit dem Buch und die Unterrichtsvorbereitung zu erleichtern.

Fazit

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Trotz meiner oben geäußerten Kritik und Wünsche bin ich der Meinung, dass das Lehrbuch der Hausa-Sprache zur Zeit das beste Hausa-Lehrwerk auf dem deutschsprachigen Markt ist und ein sehr guter und vielseitiger Hausa-Unterricht damit gemacht werden kann. Den drei Autoren und ihren auf der Titelseite genannten Mitarbeitern (Ulrike Zoch, Melanie Schlicht, Clarissa Eck, Nina Weich, Ahmed Yahaya, Alhaji Yusuf Katsina, Ado Gwadabe und Amadu Tijani) kann man gratulieren: es ist ihnen damit ein großer Wurf gelungen, denn es gibt bisher kaum ein Lehrbuch für afrikanische Sprachen von vergleichbarer Qualität.

Literatur

Herrmann Jungraithmayr und W.J.G. Möhlig 1976 (1981, 1986)

Einführung in die Hausa-Sprache. Marburger Studien zur Afrika- und Asienkunde: Serie A: Afrika 7. Berlin: Reimer

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