Accueil / Archive / 2006 / Klischee und Realität: Fotografische Erfahrungsfragmente von Aufenthalten in Afrika
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1. Können wir ein realistisches Bild von Afrika haben?

Wie befreit man sich von den Klischees, die sowohl historisch überliefert sind als auch gegenwärtig von den Medien immer wieder reproduziert werden? Genügen eine Reise nach Afrika oder Fachkenntnisse, um zwischen Klischee und Realität unterscheiden zu können?

Mit diesen Fragen muss man sich als Student/in der Afrikanistik stets aufs Neue konfrontiert sehen. Obwohl man nach ein paar Semestern die Gewissheit hat, ein Afrika-Spezialist zu sein, erfährt man spätestens nach der ersten Reise auf den Kontinent die große Kluft zwischen Theorie und Erfahrung. Ob sich Klischees bestätigen oder widerlegen lassen, ist weniger eine Frage objektiver Gegebenheiten als vielmehr eine des Blicks. Zwar gibt es zwischen den Katastrophenmeldungen der Medienlandschaft und der Lebenswirklichkeit afrikanischer Landschaften auf den ersten Blick verwirrende Ähnlichkeiten. Ebenso verwirrend sind aber auch die Gemeinsamkeiten zwischen Menschen: denn "die dort" haben auch Träume, Ideen, Erwartungen und Vorurteile – genauso wie "wir hier". "Sie" sind keine passiven Opfer, sondern gestalten ihr Leben aktiv und kreativ wie alle Menschen. Die afrikanische Identität ist vielfältig. Den Afrikaner an sich gibt es genauso wenig wie den Europäer an sich.

Diese Unterscheidung zwischen den Anderen und uns, zwischen Afrika und Europa, entpuppt sich als Illusion, sobald man – wie es das Studium mit sich bringt – in einem afrikanischen Land eine Aufgabe erfüllt, sei es als Lehrer, Forscher, Entwicklungshelfer. Man ist gezwungen, seine eigene Rolle neu zu definieren, und als Teil einer Gemeinschaft seinen Blick zu ändern. Auch durch die Kamera. Man wählt bewusster seine Motive, in der Absicht, den Eindruck des Alltäglichen festzuhalten, das Leben in der Familie und auf der Straße, Arbeit und Verkehr, Architektur und Natur.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Doch spätestens zu Hause werden die hoffnungsvollen Bilder wieder als Klischee interpretiert. "Die hier" hören andere tausend Worte, als die Bilder zu erzählen haben. Eine Frage des Blicks: Klischee und Realität sprechen nicht aus den Fotografien heraus – der Betrachter sieht das Eine oder das Andere in die Bilder hinein.

Mit dieser Fotoausstellung geben wir dem Besucher die Möglichkeit, sein Bild von Afrika zu reflektieren. Diese Fotografien wollen keine Kunst sein. Sie sind der lebendige Ausdruck unserer Erfahrungen und ein Versuch, diese Erfahrungen zu teilen.

Der Blick ist entscheidend: Klischee oder Realität?

2. Die Fotografen

Alle acht Fotografinnen und Fotografen sind Studierende oder Doktoranden im Fach Afrikanistik an der Universität zu Köln.

Aufenthalte – im Sinne eines Verweilens und Teilens, im Sinne des intensiven Kontakts zu Menschen und der Umwelt in der sie leben – und eben nicht nur Reisen führten sie in den unterschiedlichsten Funktionen zum Beispiel als Lehrende und gleichzeitig als Lernende, als Forscher und als Objekt der Beobachtung durch die Menschen vor Ort, als Entwicklungshelfer und als Praktikanten in verschiedene Regionen Afrikas.

Ihre Fotografien zeigen Fragmente ihrer Erfahrungen dieser Aufenthalte in Afrika.

2.1 Romantisierung und Realität

Fabian Heerbart

Afrika präsentiert sich uns oft in zwei Extremen: einer Romantisierung und einer harten Realität, die durch Bilder des Krieges, der Zerstörung und Armut geprägt sind.

Auf den dargestellten Photos ist beides vertreten, wenn sich dies auch dem Betrachter nicht auf den ersten Blick erschließt.

Eine idyllische Lagune präsentiert sich samt Boot, das die Leute über das Wasser transportiert. Was dem Beobachter jedoch enthalten "bleibt": das Ufer der Lagune ist von Abfällen übersät und das Wasser verbreitet einen unangenehmen Geruch. Diese Verschmutzung lässt sich – wie auf dem Foto zu sehen – schnell "ausblenden", ist aber Bestandteil der immer größer werdenden Städte, hier Abidjan, die ökonomische Hauptstadt der Côte d´Ivoire.

Auf einem anderen Bild wurde die Sicht auf einen schönen Strand aufgenommen. Der Standpunkt befindet sich in dem Fort Elmina Castle (bei Cape Coast, Ghana). Von dort aus wurden tausende von Sklaven in alle Welt verschifft. Ein historischer Aspekt, der eine bleibende Erinnerung hat im Gedächtnis des Kontinents.

Ein paar Kinder stehen auf einem staubigen Weg in Ghana nahe der Hauptstadt Accra. Sie schauen in eine ungewisse Zukunft, denn die Bildungschancen und die berufliche Perspektive sind immer noch sehr ungleich verteilt.

Idylle am Strand bei Elmina Castle, Ghana (2003)

Wohin führt der Weg der Kinder? Ghana (2003)

Lagune bei Abidjan, Côte d’Ivoire (2003)

2.2 Kreative Lösungen

Kathrin Kolossa

Ist das Verkehrssystem in afrikanischen Ländern ein Hindernis für die effektive Entwicklungszusammenarbeit?

Bevor ich meine ersten Erfahrungen in Afrika machte, beschäftigte ich mich in Form einer Seminararbeit zu diesem Thema mit dem Verkehrssystem in Ghana. Ich fand heraus, dass Transport und Handel vor den Europäern auf Kopflasten und Lastentieren basierten. Mit der Kolonisation kamen die ersten festen Straßen und Schienen, die allerdings nur so verbaut waren, wie sie den europäischen Handelsinteressen am besten dienen konnten. Heute ist kein Geld da, diesen Teil der Infrastruktur instand zu halten, geschweige denn zu erweitern. Auch Dokumentarfilme ließen mich nichts anderes glauben, als dass der afrikanische Kontinent sich inmitten eines Zerfallsprozesses befindet, ohnmächtig diesem entgegen zu wirken, und dass sich alles wieder zu Kopflasten und Lastentieren hin entwickelt.

Ich konnte mir in Kenia selbst ein Bild von der Situation machen und war beeindruckt von der Kreativität der Menschen, die Frage des Transportes zu lösen. Dabei fiel mir auf, wie viel mehr Können einem Fahrer abverlangt wird, und ich meine nicht nur die Rushhour im Zentrum Nairobis, wo sich auf drei Spuren fünf Autoreihen nebeneinander bildeten und alle versuchten, in Millimeterarbeit und über Bordsteinkanten aneinander vorbeizuziehen, sondern ich meine die riesigen Busse, die auf Steilhängen in Vororten der Stadt durch die Rückstände starker, nächtlicher Regenfälle fuhren.

Im Regenwaldgebiet blieb dies auch den Bodaboda-Fahrern nicht erspart. Ich als verwöhnte Europäerin hätte mich wahrscheinlich nicht einmal getraut, den matschigen Berg mit dem Fahrrad hinab zu fahren, während ich nun als "Gepäck" auf dem Rückträger bergauf mitgenommen wurde!

Heute würde ich wahrscheinlich nicht alles glauben, was in der Literatur zu diesem Thema verfasst wurde. Und heute glaube ich bestimmt nicht mehr daran, dass das einzige funktionsfähige Transportmittel in Afrika der Esel ist!

Matatu, Nairobi, Kenia (2005)

Im Inneren des Busses, durch die Vororte Nairobis, Kenia (2005)

Bodaboda, Kakamega Rainforest, Kenia (2005)

2.3 Das ganz normale Alltägliche

Marc Seifert

Die Aufarbeitung der Eindrücke meiner Aufenthalte in Afrika stellt mich vor allem dann stets vor große Probleme, wenn es in Gesprächen mit Menschen, die über keinerlei Erfahrung mit Afrika verfügen gilt, das Erlebte in Worte zu fassen, ohne Klischees oder Stereotype zu bedienen.

An der Oberfläche scheint Erlebtes zumeist eng verworren mit Bildern. Die darin enthaltenen persönlichen Begegnungen mit Menschen, mit Individuen finden jedoch auf einer nur sehr schwer kommunizierbaren Metaebene statt.

Problematisch sind dabei vor allem die kleinen, leisen Zwischentöne, die so vielen alltäglichen Situationen innewohnen, die aber dem Rezipienten hinter der großen Kulisse des Bunten, des Fremden, des Exotischen, ja des Anderen oftmals verborgen bleiben. Das offensichtlich Fremde, das exotisch Andere, das sich allerdings für die Menschen in ihrer gewohnten Umwelt als völlig normal darstellt.

Meine Fotografien zeigen daher das ganz normale Alltägliche und dies umso mehr, je fremder und exotischer, ja geradezu klischeehafter sie wirken. Sie zeigen Lebensrealitäten, die so anzutreffen ich mir umso weniger vorgestellt hatte, je mehr ich versuchte, mich mit dem Fremden unvoreingenommen auseinander zu setzen. Und so transportiert in meinen Augen gerade die selbstverständliche Normalität der Bilder vielmehr das Vertraute und Persönliche der Begegnung, als je eine Schilderung dies zu tun im Stande wäre.

Geschäftiges Treiben im Fischereihafen von Limbe, Kamerun, (2004)

Longstreet, Kapstadt Südafrika, (2001)

Longstreet. Kapstadt, Südafrika, (2001)

Longstreet, Kapstadt, Südafrika, (2001)

Straßenszene im Township Langebaan, Kapstadt, Südafrika, (2001)

Die Kirche von Montagu, Südafrika, (2001)

Etsha 6, ein Dorf am Rande des Kavangodeltas, Botswana (2001)

Autobahndreieck, Namibia (2001)

Germanistikstudenten des 2. Jahrgangs in ihrem Klassenraum. Universität zu Duala, Kamerun (2004)

Teeplantage mit Fabrik und Wohnbaracken in Buea, Kamerun (2004)

Küche und Waschküche. Yaoundé, Kamerun (2004)

Straßenszene in Omnisport, einem Quartier von Yaoundé, Kamerun (2004)

« Pourquoi est-ce qu'il filme les maisons? », fragte ein Junge auf der anderen Straßenseite, Omnisport, Yaoundé Kamerun (2004)

Shiyambi, Hompa der WaGciriku, mit seiner Frau und Geschichtenerzählerin, Nyangana, Namibia (2005)

Kathiku Kativa. Mbukushu Geschichtenerzählerin mit traditionellem Kopfschmuck, Rupetho, Namibia (2005)

2.4 Du warst doch schon mal in Afrika

Mareike Limanski

Zeig mir mal, wie es da aussieht. Klar, mach ich, sage ich. Ich habe hier ein paar Bilder. Sieh sie dir an. Wow, das ist also Afrika, sagst du, während du die Bilder durchguckst, eins nach dem anderen.

Bei dem Bild, auf dem zwei Jungs an der Küste sitzen, während die Sonne im Meer versinkt, hältst du inne. Was für ein Meer, seufzt du. Ich brauche auch mal wieder Urlaub. Fahr doch mal hin, schlage ich vor, ist sehr schön dort. Du zögerst, in Afrika Urlaub machen klingt für dich unrealistisch. Du hast gut reden, sagst du nach einer Weile, du bist ja Afrikanistin, du kennst dich da aus. Genau, sage ich. Es ist nicht das zustimmende „Genau“, es ist das resignierende. Wovor ich resigniere, weiß ich nicht genau. Wohl weil du meinst, dass Afrika so anders ist, dass man sich nicht hintrauen sollte, wenn man sich damit nicht genauestens auskennt. Weil du meinst, dass ich mich als Afrikanistin genauestens mit Afrika auskenne.

Vor einiger Zeit fragte mich eine Erdkundelehrerin, was sie meiner Meinung nach nicht vergessen dürfe, wenn sie mit ihren Schülern Afrika bespricht. Ich antwortete ihr: Afrika ist groß.

Deswegen sage ich jetzt, während du dir die Bilder anschaust: Sansibar. Die Bilder, erkläre ich. Ich habe sie auf Sansibar gemacht, etwa 200 Stück, und das reicht immer noch nicht. Es wirkt zweidimensional. Ich zucke mit den Schultern. Dabei ist Sansibar gar nicht mal groß. Wie groß? Ich schätze. Die Hauptinsel: etwa wie Helgoland.

Du schaust dir weiter die Fotos an; ich merke, dass du enttäuscht bist. Es dauert eine Weile, bis du es formulierst. Und wie komme ich an einen Eindruck von Afrika, der überhaupt kein Klischee ist? Ich zucke mit den Schultern. Keine Ahnung, ich suche noch. Die Bilder, sie gehören dazu.

Ich nehme sie dir aus der Hand und blättere sie durch. Meine Bildungsreise, erkläre ich...

Dies hier ist ein Blick auf mein Klassenzimmer, in dem mein Swahili für Ausländer-Kurs stattfand. Hier, ich blättere weiter, die Besichtigung einer Druckerei, hier wandern wir durch Mangroven und lassen uns berichten, dass sie Salzwasser benötigen, und dies hier ist die Aussicht auf die Küstenstraße aus dem Palastmuseum. Ich blättere weiter zu dem Bild mit den Hochhäusern im Qualm. Eine Lektion über die afrikanische Art der Müllbeseitigung? fragst du etwas spitz. Ich zucke mit den Schultern. Letztes Jahr war ich noch mal da. Sansibar hat jetzt eine Müllabfuhr, entgegne ich.

Was ist mit der Treppe? Hast du dort auch etwas besichtigt oder gelernt? fragst du etwas spitzer. Ich nicke. Ich lernte: Wenn ich da runter muss, um zum Strand zu gelangen, bleibe ich lieber oben.

Damit waren wir wieder bei den beiden Jungs am Strand. Und das, erkläre ich, ist der Blick aus meiner Lieblingseisdiele.

Idylle mit Fahrrad: Blick auf die Küstenstraße in Stone Town, Sansibar (2003)

Bildungsbesuch in einer Druckerei. Sansibar (2003)

Mangrovenwanderung im Jozani Forest. Sansibar (2003)

State University of Sansibar – Mwalimu Mohammed, Lehrer des Swahili für Ausländer Kurses lacht aus seinem Klassenraum über seine durchnässten, europäischen Studenten, die den Regen unterschätzt haben, während er wohlwissend die Pause drinnen verbracht hat. Sansibar (2003)

Im August 2003 rief Präsident A.A. Karume von Sansibar einen Putztag aus und schickte die Armee zum Saubermachen: Sansibar-Stadt versank an diesem Tag im beißenden Qualm des verbrennenden Mülls. Sansibar (2003)

100 Steps: Die Verbindung zwischen den Wohngebieten und dem Strand südlich von Stone Town besteht aus einer steilen, geländerlosen, angeblich 100 Stufen hohen Treppe, die vom Gang zum Strand eher abschreckt, Sansibar (2003)

Sonnenuntergang am Strand von Stone Town, Sansibar: Allabendlich beobachten Touristen wie die Sonne postkartengerecht im Meer versinkt; die heimische Jugend kennt das bereits. Sansibar (2003)

2.5 Kiswahili war immer meine Rettung

Marilena Thanassoula

Ich kam im September 2004 nach Tansania, um in der Küstenstadt Tanga als Lehrerin zu arbeiten. Ich wusste vom Sprachpolitikseminar, dass Tansania eines der wenigen Länder ist, wo man in der Grundschule in einer afrikanischen Sprache, nämlich Kiswahli, unterrichtet. Das Vorbild der Bildung schlechthin. Meine Schule war eine Eliteschule und in einer solchen benutzt man Englisch als Arbeitssprache, da alle Prüfungen für die Oberschule und die Universität auf Englisch stattfinden. Kiswahili wurde nur zwei Stunden in der Woche unterrichtet.

Nach dem Praktikum war ich in Bagamoyo; ich habe das Festival der Kunstakademie besucht. Das Publikum? Sehr gemischt: alle Altersklassen, alle soziale Schichten waren vertreten. Vom Sonnenaufgang bis zur Dämmerung Musik, Theater, Erzählungen, Tanz. Hier zählten afrikanische Werte, hier war Kiswahili die Sprache der Zukunft. Volksfestival, keine Eliteschule eben. Auf der Bühne hat man alles das ausgedrückt, was man normalerweise nur denkt. Man hat die gleichberechtigte Frau im Alltag dargestellt, man hat die Tradition neu erfunden, man hat die Korruption thematisiert, man hat die panafrikanische Freiheit und Einheit besungen.

Dann war ich auf Sansibar. Ich würde nie Mykonos in der Hochsaison besuchen, Mallorca auch nicht, und auf Sansibar war es nicht besser. Die Touristenhorden waren genauso laut, frech, ignorant und selbstsüchtig, dazu noch rassistisch. Man hat these black people zur Seite geschoben, um eine Palme per Handy zu verewigen, wie man Möbel zur Seite räumt, wenn sie stören.

Kiswahili war immer meine Rettung, egal wie schlecht ich sprach. Es hat mich zur dada, zur Schwester, gemacht. Die Kamera dagegen... Es gab einige, die fotografiert werden wollten, die Mehrheit aber nicht. Dies zu ignorieren hätte mich alle meine Beziehungen gekostet. Auf Sansibar habe ich mich dermaßen geschämt, dass ich selber nicht fotografieren wollte. Entsprechend sind meine Fotos nicht repräsentativ. Nicht für das, was ich erlebt habe, nicht für die Leute, die ich getroffen habe. Es sind Bilder, die ich gestohlen habe.

Der erste Tag in der Schule. Nach der Nationalhymne und der Begrüßungsrede des Direktors verbindet ein gemeinsames Gebet Christen, Muslime und Inder. Religiöse Toleranz ist in Tansania schon längst Alltag. Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Ein Teil meiner Klasse, die Leoparden, Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Stone-Town, die Hauptstadt von Sansibar, Tansania (2004)

Früh am Morgen in Dar-es-Salam: Arbeiter und Verkäufer strömen aus den Vororten in die Stadt, bevor Geschäfte und Büros öffnen. Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Musa verkauft ausschließlich Sachen, die Frauen flechten. Jene Frauen haben eine Organisation gegründet, um für ihre Rechte zu kämpfen und um einander zu unterstützen. Nicht nur deshalb ist Musa beliebt im Markt, sondern auch, weil seine Taschen immer etwas Besonderes sind. Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Tücher, so genannte Khanga werden hier verkauft. Ein Khanga besteht aus zwei gleichen Teilen, die man zu einem Rock sowie Kopf-, Baby- oder Tragetuch binden kann. Ihre Hauptfunktion hängt jedoch mit dem aufgedruckten Spruch zusammen. Sie bilden eine Möglichkeit der Kommunikation und der Selbstdarstellung, Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Die Einsamkeit täuscht. Zwischen Bagamoyo und der Akademie der Künste am Rande der Stadt, wo sich viele Leute früh am Abend treffen, ist dieser Strand eine sehr lebendige Promenade, wo man sieht und gesehen wird, Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Man kann sich leicht in den vielen Gassen von Stone-Town verirren. Diese zwei Mädchen waren sehr schüchtern, haben versucht, mir zu erklären, dass sie kein Englisch sprechen und als ich in meinem ebenso schüchternen Kiswahili antwortete, haben sie mir nicht nur den Weg gezeigt, sondern mich auch noch begleitet. Am Ende durfte ich dafür ein Foto von ihnen machen, Sansibar (2004)

Früh am Morgen in Dar-es-Salam: Einen Kaffee vor der Arbeit und plaudern. Auf der Straße Kaffee und Süßigkeiten zu verkaufen ist eine Arbeit für junge Männer. Durch den Kontakt mit ihren ehrenwerten Kunden erfahren sie nebenbei viele Neuigkeiten. Dar-es-Salam, Tansania (2004)

AIDS-Kampagne an der Außenwand des Marktes von Tanga. Leider geht man an dieser Straße kaum vorbei, da sich der Markt zur anderen Seite hin öffnet, Tanga, Tansania (2004)

Der Abschied, Dar-es-Salam, Tansania (2004)

Diese Fotos hat Halima, die 15-jährige Tochter meiner Gastfamilie gemacht. Sie hielt zum ersten Mal eine Kamera in den Händen und es war nicht möglich, ihr mehr über den Umgang damit zu erklären, als das Ein- und Ausschalten, da sie gehörlos ist.

2.6 Art-Déco-Architektur in Mozambik

Peter André Rodekuhr

Moderne, ja, modernistische Architektur in Afrika? Art Déco, so weit entfernt von europäischer Zwanzigerjahre-Dekorativität und amerikanischem Streamline-Design? Dazu in Mozambik, am Indischen Ozean? Klischee? Realität. – Überraschung?

Um es gleich zu verraten: ästhetisches Interesse; ich ahnte, was mich erwarten würde. Denn darauf ist Verlass: in welche Großstadt Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas man auch kommt, der Internationale Stil ist schon da. Es ist vielleicht zu wenig bekannt, dass die klassische Moderne der Architektur, und mit ihr die Arts Déco, sich in den 1930er-Jahren von Europa und Nordamerika über die ganze Welt verbreitet hat. Als übernationales und überkonfessionelles (Er)Zeugnis einer durch rasante Technisierung geprägten Epoche konnte ihre Formensprache überall angeeignet, re-lokalisiert und zum unfehlbaren Zeichen urbaner Modernität gemacht werden. Ihre kulissenhafte Ästhetik eignete daher nicht nur öffentlichen Bauten, Wohnhäusern, Instituten und Kinos, sondern verlieh noch der kleinsten Ladenfront und selbst Toilettenhäuschen ein nachhaltiges Pathos. Viele afrikanische Städte wurden auf diese Weise zu wahren Zentren des Modernismus.

Wer mit offenen Augen durch eine afrikanische Großstadt geht, kann sich der Präsenz der Gebäude mit ihren horizontalen Fensterbändern, ihren runden Balkonen und Vordächern und ihrer abstrakten symmetrischen Ornamentik nur schwerlich entziehen. Doch von manchem Besucher – oftmals von dem, der sich für besonders aufgeklärt nimmt – wird diese Häufung von absolut modernen Fassaden bewusst oder unbewusst ignoriert. Nicht, weil es ihm an architektonischem Interesse mangelte, sondern weil er sie als bauliche Spuren der Kolonialzeit abtut, und seinen Blick lieber der Lehmhütte zuwendet, die ihm „authentischer“ gilt. Die Voreingenommenheit dieser Sichtweise basiert auf dem uneingestandenen Wunsch, Afrika möge niemals modern werden – ein kolonialer Gedanke schlechthin! Die Gleichung Architektur = Kolonialismus geht nur dort ganz auf, wo wir es mit offiziellen Repräsentationsbauten des Regimes zu tun haben, und hiervon geben die ehemaligen portugiesischen Kolonien viele Beispiele. So ist die Rundfunkanstalt von Maputo ein typisches Gebäude des Estado Novo: es könnte auch in Lissabon stehen.

Trotz, oder gerade wegen, ihrer architektonischen Heterogenität vermitteln viele Großstädte der so genannten Dritten Welt den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit, die nicht zuletzt der schematisierten – klischeehaften – Ästhetik der Fassaden geschuldet ist. Modernismus als Klischee, als Realität? Das hieße, unsere Frage ad absurdum führen. Und es hieße, das ästhetische Erbe afrikanischer Metropolen verkennen, sie als bloßen Abklatsch (frz.: cliché) westlicher Städte zu sehen. Beim Fotografieren und später bei der Auswahl der Bilder wurde mir offenbar, dass hinter der äußeren scheinbaren Beliebigkeit das kreative Potenzial einer anderen, vielfachen Moderne steckt. Sie birgt Überraschungen, und Schätze, die zu heben nicht allein denkmalschützerische Maßnahmen vonnöten sind, sondern zunächst und vor allem ein neues, tieferes Verständnis für die urbane Poetik afrikanischer Städte.

Toilettenhäschen (?), Maputo, Mozambik (2005)

Filmtheater, Inhambane, Mozambik (2005)

Wohn- und Geschäftshaus, Maputo, Mozambik (2005)

Wohn- und Geschäftshaus, Maputo, Mozambik (2005)

Läden, Inhambane, Mozambik (2005)

Kathedrale, Maputo, Mozambik (2005)

Universitätsinstitut, Maputo, Mozambik (2005)

Wohnhaus, Maputo, Mozambik (2005)

Verwaltungsfachschule, Maputo, Mozambik (2005)

Rundfunkanstalt, Maputo, Mozambik (2005)

2.7 Als Stipendiatin in Nigeria

Susanne Rous

Durch das Studium der Afrikanistik hatte ich im Jahre 2002 die Möglichkeit, als Stipendiatin des DAAD zwei Monate in Nigeria zu verbringen. So unterschiedlich meine Erwartungen vor Antritt der Reise waren, so gemischte Erfahrungen habe ich während meines Aufenthaltes gesammelt. Durch den Sprachunterricht an der Universität hatte ich mich auf die Reise gefreut.

Meine Eltern dagegen haben sich überhaupt nicht gefreut, dass ihre Tochter sich in eine islamische Region wagt, die sich in unserer Medienlandschaft durch diverse Ausbrüche bürgerkriegsähnlicher Gewalt und obendrein die Anwendung der islamischen Gesetzgebung einen Namen gemacht hatte. Zynische Bemerkungen seitens meiner Freunde trugen ihr Übriges dazu bei, dass mir ein bisschen mulmig zumute war: Beispielsweise riet man mir, immer brav alles zu bezahlen, sonst könne ich beim Rückflug meine rechte Hand im Handgepäck mitnehmen. Und ich solle natürlich Acht geben, nicht verheiratet zu werden, denn dann wird man ja eingesperrt zusammen mit den anderen siebenhundertachtzig Frauen im Harem.

Ja, und dann? Dann war ich plötzlich wirklich da. Und, haben sich die Leute gegenseitig die Köpfe eingeschlagen? Wurde ich verheiratet? Oder gar gewaltsam meiner Extremitäten entledigt? Wohl kaum! Kannibalen sind mir auch keine begegnet, so dass ich gesund, munter und um viele tolle Eindrücke reicher hier sitzen und diesen Text schreiben kann.

Die von mir ausgesuchten Fotos sollen Stationen und Szenen eines Stadtbummels festhalten.

Kano (Nigeria) von oben (2002)

Markt in Kano, Nigeria (2002)

Traditionelle Tuchfärberei, Kano, Nigeria (2002)

Marktstand in Kano, Nigeria (2002)

Kinder waschen einen LKW, Kano, Nigeria (2002)

Kano (Nigeria) erstickt im Müll (2002)

Fahradfahrer in Kano, Nigeria (2002)

2.8 Einblicke

Sylvia Stankowski

Bei der Auswahl meiner Fotos war es mir besonders wichtig, die Menschen zu zeigen, denen ich auf meinen verschiedenen Reisen nach Afrika begegnet bin – denn für mich stellen sie immer das Interessanteste an einer Reise dar.

Durch verschiedene Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen erhält man Einblicke, die anders nicht möglich wären. Dabei kommt es uns als Afrikanisten oft auch zugute, dass wir mit den Menschen in ihrer Muttersprache sprechen können.

Zwei Kinder aus Westkenia, nahe der Grenze zu Uganda (2003

Laden, Dakar, Senegal (2004)

Meine Gastfamilie. Bamako, Mali (2004)

Kind mit Gans, Kenia (2003)

Welwitschia Mirabilis (eine Pflanze, die bis zu 1500 Jahre alt werden kann) in der Nähe des Swakop, Namibia (2004)

Vier meiner Kindergartenkinder aus Swakopmund. Von links nach rechts: Denzel, Biancchi, Tommy, Technic, Namibia (2004)

Schulkinder tragen gemeinsam ein Gedicht vor, das vor den Gefahren von AIDS warnt. Westkenia nahe der ugandischen Grenze (2003)

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