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Johann Gottlieb Christaller an Joseph Josenhans:

Christaller möchte der v. Committee begreifbar machen, daß er für die erforderlichen sprachlichen Arbeiten wohl besser geeignet sein dürfte als andere Missionare

(Schorndorf, 2. März 1871)

BM, BV 357 I o Nr.

<1>

Verehrter Herr Inspector!

Am 8. Januar, als ich bei Ihnen, vor meiner Abreise von Basel nach kurzem geschäftlichem Aufenthalt daselbst, an die mit dem 10. Juni ablaufende Frist meines Aufenthaltes in der Heimat erinnerte, sagten Sie mir, ich solle darüber an die v. Committee schreiben. Der weitere Verlauf der Unterredung mit Ihnen gab mir den Eindruck, ich sprach es auch aus, daß ich wohl erst aufs Frühjahr weitere Schritte in meiner Angelegenheit werde thun können, neben anderen Gründen, aus Mangel an Zeit, wegen der noch übrigen Arbeit für Vollendung der Tschi-Bibel.

<2>

So ist es mir auch noch jetzt. Seit ich mit Missionar Müller in Stgrt, an den Sie mich gewiesen, über die Sache reden konnte (erst vor kurzem, ein früheres Mal traf ich ihn nicht) und bis ich mein Manuscript vollends fertig habe, wozu ich noch den April brauche, während der Druck bis in den Mai gehen wird.

<3>

Ich wußte also der verehrten Committee nichts zu schreiben als die zwei Puncte, auf denen der Beschluß vom 9. Juni 1869 (Prot. 1.869 Par. 215) beruht, und die ich auch bei Ihnen am 8./9.Januar des Jahres berührte. Einestheils habe ich, in Rücksicht auf den Theil des Missionswerkes, in dem der Herr desselben mich bisher vorzugsweise verwendet u meine Arbeit gesegnet hat, nicht die innere Freiheit, auf das Wiederaufziehen nach Afrika gänzlich zu verzichten, weil ich mich für gesund genug halte, noch Jahre lang für eine allseitige Grundlage der Tschi-Literatur zu wirken, das Wörterbuch aber (und anderes) könnte ich nur in Afrika selbst genügend ergänzen.

<4>

Meine Arbeit kann von keinem der gegenwärtigen Missionare in Afrika gethan oder übernommen werden. (Nur über Bruder Walker habe ich kein Urtheil in dieser Hinsicht.) Ein neuer Bruder, dessen sprachliche Begabung und Vorbildung über das im Missionshaus für gewöhnlich Erreichbare hinausgehen müßte, (sowie Bruder Walker) würde vielleicht erst in 6-8 Jahren soweit sein, daß er leisten könnte, was ich sogar bei einem längeren Aufenthalt in der Heimat von 1-2 Jahren zu liefern vermöchte. Andererseits habe ich in Rücksicht auf meine eigenen und meiner Kinder gemüthliche und äußere Bedürfnisse besonders für spätere Jahre, von welchen Bedürfnissen Maß u Dauer meiner Leistungsfähigkeit gewiß nicht wenig bedingt ist, keine innere Freiheit, auf meine Wiederverheirathung zu verzichten.

<5>

Soviel an mir liegt, wäre ich bereit, nächsten Sommer oder aufs Spätjahr wieder nach Afrika hinauszuziehen; ich würde dies in blos persönlichem Interesse meinem gegenwärtigen einsamen Leben vorziehen. Andererseits würde es mir an lohnender schriftlicher Arbeit wie bisher so noch für längere Zeit nicht fehlen, insbesondere würde ich eine Grammatik und Kurtz' Religionslehre gerne noch selbst durch die Presse führen.

<6>

Ich habe mich wiederholt erkundigt, ob nicht etwa eine Stellung als Stadtmissionar, die mir nebenbei Zeit für schriftliche Arbeiten ließe, mir und der v. Commission einen Ausweg ermöglichte. Aber ich fand keine Ermuthigung noch Zuspruch. Im Sommer 1869 und 1870 dachte ich an die Stelle eines (engl.) Sprachlehrers am Missionshaus, da z.B. Bruder Spillmann Mai und Juni 1869 bei mir mehr zu lernen glaubte als bei Herrn Hoff, aber 1869 wurde ein Engländer gefunden, und 1870 war dessen Stelle, als ich von ihrer Erledigung hörte, schon wieder besetzt. Ich enthalte mich, sonstige Gedanken auszusprechen, sofern es mündlich für jetzt nicht geschehen kann und ich Ihnen auf schriftlichem Wege für jetzt gleichfalls nicht nachgehen kann. Auch möchte ich der verehrten Committee, deren Beschluß vom 9. Juni 1869 noch für mich bindend ist, in keiner Weise vorgreifen. Der Herr, dem ich immer aufs neue meine Wege befehle und auf den ich hoffe, wirds wohl machen.

In Seinem Namen mich Ihrem u der verehrten Comm. geneigtem Wohlwollen empfehlend

Ihr ergebenster J.G. Christaller.

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