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Johann Gottlieb Christaller an die Committee in Basel:

Christaller möchte infolge seines schlechten Gesundheitszustandes bei der Comm. erreichen, daß er die ihm angebotene Pfarrstelle in Gallneukirch bei Linz, Österreich, nicht antreten müsse

(Schorndorf, 9. Sept. 1869)

BM: BV 357 I 45 und M3,69 G C 13

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Auf ein Schreiben des Hrn Insp. Josenhans vom 26. August enthaltend einen Auszug aus dem Committee-Protokoll vom 25. Aug. (Par. 347,2) über einen Brief des Hrn Pfarrers Burk in Echterdingen, ein Pfarrvicariat an evang. Gemeinde Gallneukirch bei Linz in Oberösterreich betr., erlaube ich mir Folgendes zu erwidern.

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Das Schreiben kam mir zu am 28. Aug., in einer Zeit, da mir der Stand meiner Gesundheit, ich kann sagen zum ersten Mal in meinem Leben, ernste Bedenken gemacht hatte. Ich war nemlich Anfangs August erkrankt. Zu den Ursachen, die von Basel oder noch von Afrika her von der Unruhe der Reise u der neuen Einrichtung hier in mir liegen mochten, kam ein 3stündiger Marsch, bei Regen, am 2. Aug. von Winnenden (wohin ich am 1. Aug. gegangen war um eine monatliche Missionsstunde zu halten). Fieber, das mir seit Dec. 1866 fremd war, Appetitlosigkeit u Mattigkeit u ein innerlicher Schmerz in der Milzgegend veranlaßten mich, den Arzt zu berathen; auch etwas Husten kam dazu, wie leicht durch feuchte Einwicklung des Unterleibs, die er mir anrieth, mein Zustand erschien dem Arzt in Schorndorf u einem in Gmünd, wo ich der besseren Pflege halber 15.-26. August bei meiner Schwester war, als Zehrfieber. Die Schweiße gegen Morgen u Appetitmangel haben mich auch bald ziemlich magerer gemacht als ich schon war. Am 30. Aug. gieng ich nach Stgrt, ließ mich dort 1. Sept. auch von Hrn Med.rat Sick untersuchen; er fand meine Lunge noch nicht krank, es sei aber möglich, daß eine Erkrankung derselben sich eben ausbilde. Von einer Annahme der Stelle in Gallneukirch könne jetzt bei mir keine Rede sein, es müsse das nächste Jahr abgewartet werden. Dies sagte ich dann Hrn Pfarrer Burk, den ich (3. Sept.) in Stgrt sprechen konnte, u er sah sofort von meiner Person in bezug auf die fragliche Stelle in Gallneukirch ab. - Möge der Boos'schen Gemeinde dennoch ein treuer uneigennütziger Hirte, wie sie ihn bedarf, zu Theil werden. - Wäre diese Sache u die Ermunterung seitens der verehrten Committee, den Ruf, wenn er an mich ergienge, anzunehmen nicht in jener Zeit des körperlichen Herunter(ge)kommenseins an mich gekommen, so wäre mir die Ablehnung derselben vielleicht schwerer geworden, da ich einer solchen Aufforderung, einererseits durch ein Bedürfniß hervorgerunfen, andererseits von meinen Vorgesetzten mit wohlwollender Rücksicht auf meine Leistungsfähigkeit u auf meine Zukunft ausgesprochen, eher zu willfahren als Bedenken aufzusuchen und entgegenzustellen geneigt waren. Nun hat sich zwar schon während der 5 Tage in Stgrt mein Gesundheitszustand entschieden gebessert, der Husten u die Besorgnis einer Lungenkrankheit ist weg, mein Körpergewicht hat in den letzten 12 Tagen wieder um 1 Pfd zugenommen, u ich danke Gott, daß er so gnädig mit mir verfahren ist, aber das fühle u erkenne ich nun, daß ich für Leib u Seele noch weiterer Stärkung, Ruhe u Erquickung, wozu mir der Aufenthalt von Basel nicht so dienen konnte, wie zu wünschen war, bedarf.

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Würde ich jetzt, kaum hier angesiedelt, aufs neue in die schon durch die persönliche Stellung des Pfarrers in Linz gegen die Sache bedingte Ungewißheit und Spannung u dann in die Unruhe des Unmzugs u der Einrichtung versetzt mit einer doppelten Aufgabe, deren jede nach Bedeutung u Dringlichkeit wenigstens für die nächste Zeit eine ganze Kraft erfordert, u dieß vor Eintritt des Winters, so könnte ich meine schwache Kraft in schlimmerer Weise als im verflossenen Monat, erliegen u weder der eine noch der andere Zweck erreicht werden. Es erscheint mir auch ganz im Interesse der durch die Unterbrechung u Verzögerung nur immer dringlicher werdenden Bibelarbeit, daß ich mich derselben, unter Rücksichtnahme auf Wiederherstellung der in Afrika ohne Schonung in Anspruch genommenen u verzehrten Kräfte, mit Vermeidung weiterer Zersplitterung derselben, widme.

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Mit der Bitte, daß meine Erklärung mit demselben Wohlwollen, mit dem mir der Anlaß dazu gegeben wurde, aufzunehmen, verbleibe ich hochachtungvollst Ihr G. Christaller, Missionar.

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