Artikelaktionen
<< < > >>

Johann Gottlieb Christaller an Gottliebe Merkle:

er wolle Briefe kürzer fassen, weil er keine Zeit habe

(Akropong, 31. Okt. 1867)

M1,67 GC 16

<1>

4. Nov. Mit obigen Zeilen fing ich mein diesmaliges Briefschreiben an, mit diesen schließe ich. Ich hatte gestern VM zu predigen, deswegen bin ich jetzt wieder spät. Am Fr waren Freunde hier u ein Palaver in der Stadt, am Sa war Putztag u Vorbereitung für die Predigt unter viel Lärm von Anstaltsknaben hinter meiner Wohnung, die da in einem zeitweiligen Hospital sind (mit einem Hautausschlag ähnlich den Pocken, aber nicht gefährlich) und von Laißles Arbeitern, die vorne jenseits des Weges ihren Monats- u Wochenlohn empfangen. Stille u Ruhe sind einmal seltene Dinge, wo Neger gehen u stehen.

<2>

Die Hemdenbestellung machte mir auch noth, ob ich sie über Kornthal oder Waiblingen gehen lasse. Meine Unschlüssigkeit in solchen Sachen (wie etwaige Wiederverheiratung) und mein Zaudern sind schlimme Fehler, von denen ich nicht weiß, ob sie nur Ergebnis krankhafter Verstimmung meines leiblichen und seelischen Lebens sind und noch auf Besserung hoffen lassen, oder ob sie schon zu sehr mit meinem Wesen verwachsen sind.

<3>

Oh, ich bin mir oft selber recht zur Last und darf dann froh sein, daß ichs nicht auch anderen bin, wenigstens hüte ich mich davor, so sehr ich kann; habe ich in meinem Leben schon Rücksichtslosigkeit erfahren, so nehme ich nur umso mehr Rücksicht auf andere. Ich will dies aber nicht als etwas Lobenswerthes von mir angeführt haben, denn es ist überhaupt nichts Lobenswerthes an mir, und Christus hat noch nicht in mir die rechte Gestalt gewonnen.

Fenster schließen