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Emilie an Gottliebe Merkle:

Nach gesundheitlicher Besserung ist Emilie auch wieder in der Lage, selbst ein briefliches Plauderstündchen mit Gottliebe Merkle zu versuchen; so wird Emiliens gläubige Haltung immer wieder in neuer Weise deutlich, auch wenn sie nun öfter härtere Worte über Mitmenschen ausspricht

(Kyebi, 29. April 1866)

M3,66 Em 3

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Nun kann ich gottlob mein Schreiben auch wieder übernehmen, was gut ist, denn seit einigen Tagen liegt auch Gottlieb am Fieber, es geht jetzt langsam besser. Es ist möglich, daß wir nun bald wieder nach Akropong oder Aburi von hier fortkommen, was uns unserer Gesundheit wegen sehr lieb ist.

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[...] Wir haben hier auch so fromme Leute neben uns; da gibts stets zu studieren u sich zu wundern über die Schlangengänge des verderbten Herzens. Hört man beten oder fromm schwätzen, so ist man der größte Sünder u der 'Garnichts'. Kommt man aber einmal auf einen offenkundigen handgreiflichen Fehler des größten Sünders zu sprechen (und das nur insoweit man davon bedrückt ist), so hat man eine heilige Majestät beleidigt. Ich kann mir das nach vielem Denken u Studieren nicht anders erklären, als daß man sein Herz auch nicht hat kennenlernen, wohl aber fromme Redensarten; da heißt's: wieviel rauhe Wege, wieviel harte Schläge kostet noch mein Herz.

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Mit meiner Bertha scheints jetzt doch etwas Gründlicheres zu werden; daß sie Sonntagsschule hält, ist auch ein Segen für sie selbst; G. Barth sagte einmal: wer am Reich Gottes baut, der baut sich selbst, das ist auch bei ihr wahr.

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[...] Aus Hanneles Brief sieht man, daß sie doch zufrieden u glücklich sind. Sie haben es wirklich recht angenehm u dürfen ihre Kinder so bei sich haben, haben einen schönen u befriedigenden Beruf; kann man sichs auch besser wünschen auf dieser armen Welt?

Unser süßes Büblein grüßen wir viel tausendmal, er ist doch ein rechter Schelm, daß er Dich lachen heißt, wenn Du Schmerzen hast, ich freue mich unaussprechlich auf sein Bild.

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