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Johann Gottlieb Christaller an Schwester und Schwager Merkle:

über den Fahrplan der beiden Postschiffe; die jüngsten Buben sollen nach Basel; sein Gehilfe ist der Unzucht angeklagt

(Akropong, 3. Dez. 1866)

Nbrg,66 JG Chr 8

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[...] Freilich hätte mir diese in Zukunft mögliche Beschleunigung (der Postschiffe) doppelten Wert, wenn meine sel Emilie mir noch zur Seite wäre.

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Es gefällt aber ihr da, wo sie jetzt ist, gewiß besser, als wenn sie hier an meiner Seite wäre, denn Geschwister Maders Gastzimmer wäre mit zwei Bettstellen darin fast so eng als das, welches wir in Aburi hatten, weil Br. Maders Kleiderkasten darin steht, u drumherum geht es laut zu durch Lektionen u Harmoniumspiel in einem anstoßenden Lehrsaal, durch Maders 2 Kinder u die Dienstboten. Auch sind gewisse Käfer da, ähnlich den in Deutschland Schaben oder Schwaben genannten, besonders bei Bäckern vorkommenden, vor denen sie sich immer am meisten zu verwahren suchte; wie manchesmal schüttete ich ihr Kleidungsstücke aus, bevor sie dieselben anlegte, ob nicht solche darin seien. Ich gedenke diese Woche ein fertig gewordenes auch schon gehörig trockenes Zimmer in einem noch in Bau begriffenen neuen Hause zu beziehen, von dem ich aber jedesmal einen Weg von etwa 5 Minuten zu Maders Wohnung u Tisch zu machen habe.

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[...] Die Palme, das sogen. Missionsschiff der Basler Missionshandlungsgesellschaft hat bei den Geschwistern, die darauf kommen, kein gutes Lob. Sie ist zu klein u läßt Wasser durch die Wände dringen, so daß niemand mit ihr heimzugehen Lust haben kann. [...] Geschwister Kromer haben vor kurzem ein neugeborenes Kind vom Lebendigbegraben- oder vielmehr Weggeworfenwerden samt seiner über der Geburt gestorbenen Mutter gerettet, finden nun aber keine Amme für dasselbe, wegen des heidnischen Aberglaubens der Leute dort u es ohne Amme aufzufüttern ist schwer, da sie selber ein kleines Kind u nach den letzten Nachrichten alle ander Tage Fieber hat. [...]

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Wegen des Verbringens meiner zwei jüngsten Buben wird es mir schwer werden, den Entscheid zu geben; ich werde ihn am Ende der Kinder-Erziehungs-Commission zu geben anheimstellen. [...] Besonders danke ich für Deinen Trostbrief vom 17. Oktober. Meine lb Emilie ist das erste Glied unserer Missionsfamilie, das in Kyebi starb.

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[...] Gegenwärtig liegt mir in Betreff meines Gehilfen eine betrübende Geschichte vor, eine von Br. Eisenschmid hieher gesandte Untersuchung, nach welcher er mehrer versuchter oder tatsächlicher Unzuchtvergehen beschuldigt wird, die er sämtlich ableugnet. Ich ging nach Aburi, um dort das eine der bei uns gewesenen Mädchen zu vernehmen, die bestätigte, daß er ihr böse Absichten zu erkennen gegeben, u er bequemte sich zu einem Zugeständnis vor mir (das Mädchen hielt sich gut, sagte es, allein u vor ihm, seiner Frau, der Fehler war nur, daß sie es nicht auch mir sagte); alles Übrige erklärt er immer noch für unwahr, wenn er nur nicht sonst schon gesündigt u geläugnet hätte; aber freilich, Lüge, Schwätzerei u Verleumdung können auch vieles gegen ihn aufbringen, dessen er nicht schuldig ist. Diese Geschichte ist höchst widrig, aber wird einst auch erledigt sein. Alle Menschen sind Lügner, unter dem Zorn, aber der 2. Adam ist zum Leben. Euer tr. G.Chr.

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