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Johann Gottlieb Christaller an Zieglers:

über die Gebräuche der Heiden beim Tod; großer Exkurs über ein Buch Dr. Gunderts, in dem der Tod eines indischen Missionarsohnes beschrieben wird; Ferner Bemerkungen über die amtlichen Formalitäten beim Todesfall und über Christallers weitere Aussichten, noch in Afrika zu bleiben

(Akropong, 6. Okt. 1866)

Nbrg,66 JG Chr 5

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Den zuletzt von Euch erhaltenen Brief hat die lb Mutter geschrieben am 13.August, also an dem Tage, da die entseelte Hülle meiner lb sel Emilie so friedlich dalag, wie ich sie noch lange vor Augen haben werde, u abends dem Schoße der Erde übergeben wurde. Zur Stunde als sie schrieb: 'Deine letzte Nachricht erfreute u beruhigte uns sehr, daß es doch mit Gottes Hilfe ordentlich mit Eurer Gesundheit geht, Er wird gewiß auch ferner helfen,' da war also schon eingetreten, was Ihr u ich möglichst ferne gerückt, möglichst weit hinausgeschoben wünschtet. Aber ist nicht auch das Grund zur Freude u Beruhigung, daß wir wissen, der Herr hat ihr durchgeholfen zur völligen u nie mehr wankenden Gesundheit?

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Unsere Neger haben ein Sprüchwort: 'Von einer Sache, von der man an einem Orte mit Lachen redet, redet man an einem anderen mit Weinen.' So ists auch umgekehrt beim Tode von Christen: Hienieden weinen wir, im Himmel ist Freude. Wir dürfen ja nicht traurig sein wie die Heiden, die keine Hoffnung haben. Bei denen ists wirklich traurig, sie fürchten den Tod so, daß sie kaum das Wort in den Mund nehmen mögen, besonders die Könige wollen nie an den Tod erinnert sein, u müssen doch auch sterben, wie der in Akropong im Juli (der von Kjebi beinahe auch im August) u der von Osu im September; dieß sind die 3 mächtigsten Könige des früher dänischen Theils der Goldküste. Statt 'er ist gestorben,' hat man den Ausdruck 'er ist irgendwo geblieben', oder einen ähnlichen. Bei ihren Leichenfeiern wissen sie ihre Betrübnis nur zu betäuben durch Palmwein u Rum u den Lärm von Trommeln, Flintenschüssen und anderem, u das bringt den Familien hintendrein neue Betrübnis durch die darob gemachten Schulden, für welche Familienglieder verpfändet oder gar verkauft werden.

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Daß bei unserer seligen Emilie eines ihrer letzten Worte war: 'Gib mir Jerusalem!', als sie einen kühlenden Trank haben wollte u das so oft denselben bezeichnende Wort 'Brausepulver' nicht fand, beweist doch, daß ihr Geist in diesen Tagen, wo sie fast nicht mehr redete u meist bewußtlos schien, mit himmlischen Dingen mehr als mit irdischen umgieng. Sie muß an das himmlische Jerusalem gedacht haben; 'Jerusalem droben, von Golde erbaut, ist dieses die Heimat der Seelen, der Braut.' (Diese Worte haben eine gewisse persönliche Beziehung auf unser beider Verbindung.)

Doch ich will diese Gedanken in den Briefen an meine Schwester ein andermal ein wenig fortsetzen.

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