Artikelaktionen
<< < > >>

Johann Gottlieb Christaller an Schwester und Schwager:

Beide Eheleute gehen in recht beschwerter Weise in die Erholung nach Kukurantumi; Bericht über seinen Aufbruch zur Reise und den dortigen Aufenthalt; er zitiert Briefe von Gottreich und Frl. Scholtz; Emiliens Gesundheit sei recht angeschlagen; er erwägt, wenn die beiden Jüngsten auch in Basel seien, daß er selbst mit Emilie wieder nach Europa zurück wolle

(Kukurantumi, 1. Sept. 1865)

M3,65 G C 3

<1>

Deinen lb Brief vom 16. Juli erhielten wir diesmal hier am 26. August. Der lb Gott hat uns in letzter Zeit soviel Gesundheit geschenkt, daß wir ohne Bedenken hierher reisen konnten. Emilie hatte es nie recht glauben wollen, aber als es daran war, waltete kein Zweifel mehr ob. Nach dem, was wir von Geschwistern Kromer wußten, wäre es Zeit genug gewesen, wenn wir erst am 28. August aufgebrochen wären, sie schickten aber schon am 22. Aug. Träger, weil sie glaubten, es müsse nun doch nahe daran sein u weil am 25. August eine Volksversammlung in Kukurantumi staffinden sollte, in der die dem Christentum feindliche Partei einiges gegen die hiesigen Christen u Taufbewerber durchsetzen wollten. Die Träger (12 Mann) kamen erst abends nach Kyebi; ich hatte an diesem Tage eben die Reinschrift meiner Psalmen-Übersetzung bis zum Schluß des 119. vollendet.

<2>

Nun brauchten wir aber den folgenden Tag uns zu richten. Emilie tat Sachen aus einem nicht schließbaren Weißzeugkasten in eine Kiste, packte einen Koffer mit unseren Kleidern, ich richtete meine Sachen, die ich hier zu arbeiten brauchte, verwog Gold, brachte meine Papiere in Ordnung, entdeckte zur rechten Zeit noch, daß weiße Ameisen hinter meinen Bücherständer geraten waren, den ich dann ganz abräumen mußte, dann mußte für die zurückbleibenden Haustiere zwei Ziegen, drei schwarze Schafe, 28 Hühner u für den Garten gesorgt u den drei zurückbleibenden Knaben ihre Arbeit zugewiesen werden u dergl.

<3>

Am 27. August morgens 4 Uhr brachen wir auf, Emilie hatte 6 Träger, ich vier; der Weg führte über einen hohen Berg u 6 oder 7 Flüsse oder Bäche, alle breiter als daß ein Europäer mit den Schuhen darüber könnte, da von Brücken keine Rede ist. Auf der ersten Hälfte des Weges kommt man durch die Dörfer (drei an Zahl), auf der zweiten Hälfte trifft man keine Wohnung mehr, überhaupt ist das ganze Land eben Wald u Busch, nur in der Nähe der Ortschaften stehen die großblätterigen Pisangstauden, mehr oder weniger dicht in dem Gebüsch. Wir hatten einen guten Tag zum Reisen, es hatte mehrere Wochen nicht oder nur selten geregnet, u ich wunderte mich sehr, daß wir kaum mehr Wasser u Schlamm im Wege trafen als bei unserer Reise im Februar. Um 7 Uhr aufgebrochen u mit wenig Aufenthalt unterwegs, kamen wir um 2 Uhr in Kukurantumi an.

<4>

Wir konnten die erste, ich auch die zweite Nacht nicht gut schlafen, aber seither ging es uns, wie auch Geschwister Kromer mit der Gesundheit ordentlich.

<5>

3. Sept. (So): Was ich vorstehend über unsere Gesundheit schrieb, gilt eigentlich nur bis zum Morgen des 1. Sept. u da fühlte sich Emilie fieberisch, nahm zweimal Chinin, das Fieber stellte sich aber doch ein, übrigens nicht stark. Sie schlief die Nacht darauf bis 4 Uhr u hatte sich bald darauf nach ihrem Erwachen anzukleiden, da für Schwester Kromer die Zeit gekommen schien. Es war nicht so, nur war der Verlauf den Tag über (in den zwei ersten Zeiträumen) ein langsamer u ermüdender, aber als endlich Wasser gekommen war, folgte ungemein schnell u glücklich um 7 Uhr noch das Kind selber, ein gesundes kräftiges Mädchen. Emilie konnte ihren Verrichtungen ganz genügen u mit Ruhe zu Bette gehen (10 Uhr), schlief auch gesund bis diesen Morgen u ist gottlob auch heute wohl.

<6>

Diesen NM predigte ich vor unserer kleinen hiesigen Gemeinde, (christliche Jünglinge u Knaben, Taufbewerber u Schüler, aber noch kein Weib oder Mädchen) über die Heilung des Taubstummen (Markus 7), auf der Straße werden wir heute nicht predigen, da es mehrere Stunden stark geregnet hat. Bruder Kromer hält deshalb Kinderlehre mit seinen Leuten, wir gedenken noch 8-10 Tage hierzubleiben u dann nach Kyebi zurückzukehren. -

<7>

Nicht wahr, ich schreibe umständlich, aber es ist Dir nicht unlieb u mir am leichtesten; mein hiesiger Aufenthalt gilt mir als eine Ausspannung, aber viel Bequemlichkeit kann man auf einer afrikanischen Außenstation nicht erwarten. Der Raum, in dem wir beide wohnen, ist von Geschwister Kromer Schlafzimmer, nur durch zwei Kleiderkästen, neben denen gerade noch eine Thüre (ein hölzerner Rahmen mit Zeug übernagelt) Platz hatte, zu einem eigenen Gemach abgeteilt. Ich hatte auch in den letzten Tagen mehrere Briefe nach Kyebi, Akropong, Osu zu schreiben in Stations- oder anderen Angelegenheiten. (Detaillierter Bericht über die eigenen Kinder im Missionshaus.)

<8>

[...] Die Hitze wird nun bei Euch wieder der Herbstkühle Platz machen, uns in Kyebi wurde seit im März die Regenzeit eintrat, die Hitze nie lästig, u jetzt heben scheints die Regen von neuem an, so sind hier der trockenen u heißen Monate nur weniger. Unser geräumiges Haus kommt uns, was die Hitze betrifft, sehr zustatten, nur das ist für Emilie sehr unbequem, daß Küche u Vorratsraum so von den Wohnzimmern abliegen.

<9>

[...] Zur Tilgung der Missionsschuld hat das, was von Dir im Heidenboten eingerückt war, nachdem Du zuvor eine Täuschung erlebt habest, doch wohl auch seinen Theil beigetragen. Wenn die Missionsgemeinde sich nur auch im Gebet um das Kommen des Reiches Christi in der Heidenwelt u daheim sich so wacker hält, denn das rechte Gebet ist sicher so unentbehrlich als die Hilfeleistung mit äußeren Mitteln. Der Herr wolle über uns Missionsarbeiter u über die Missionsfreunde reichlich ausgießen den Geist der Gnade u des Gebets, der Demut u des Glaubensmuts, der Geduld u Hoffnung. (Über Christgeschenke für die Kinder und Fragen des Kostgeldes für Sohn Theodor.)

<10>

[...] Die Missionsvorsteher nehmen [...] viel Rücksicht auf das, was die Missionsfreunde denken u sagen, aber die letzteren würden sich vielleicht auch manchmal sehr verwundern, wenn sie sähen, was sie mit ihrem Sparsinn ausgerichtet haben. Dieser Sinn ist ja erklärlich, berechtigt u löblich, aber es ist eben nicht überall Württemberg; ich glaube, daß die Württemberger mehr als andere Stämme u Völker fremde Verhaltensweise u Zustände nach ihren eigenen beurteilen.

Fenster schließen