Artikelaktionen
<< < > >>

Johann Gottlieb Christallers Entwurf der 'Beilage zu meinem Bericht an die Committee'

(8. Mai 1863)

Nbrg, 63 JG Chr 2

<1>

Meinem Vierteljahresbericht u zugleich dem in der Stat. Conf. vom 27. März Gesagten möchte ich in betreff meiner u meiner Frau Zukunft Einiges beifügen:

<2>

Als im Nov. 1861 meine Frau vorgezogen hätte, etwa im Sept. 1862 mit mir nach Afrika zu gehen, hätte ich auch das mit Dank angenommen, entschied mich aber weder für das Eine noch für das Andere, sondern war willenlos, wußte auch nicht, daß mein Alleingehen schon fest beschlossen war.

<3>

Als ich im März 1862 in Waiblingen eine Wohnung gefunden, die für Gesundheit u gedeihliche Arbeit bot, was ich nie zuvor gehabt, da hätte ich allerdings wünschen mögen, noch bis zum September bleiben zu dürfen, um die Arbeit für die Grammatik, welche ungestörtes Nachdenken, Ruhe u Zeit noch mehr als die Bibelübersetzung erfordert, in Europa zu thun, weil ich wußte, wie schwer das in Afrika ist; - sowie zu noch besserer Befestigung meiner Gesundheit als die Verhältnisse in Winnenden es gestattet hatten. Aber ich erkannte, ich solle schweigen. Daß mir dieß etwas zu schwer ankam, war nicht gut, doch gieng ich im Glauben, daß Gottes Weisheit über mein Wissen gehe, hab ich es z.T. schon erkannt u werde es einst ganz erkennen; ich erfuhr auch, daß man durch Rückfall in Unglauben, dem vermeinten Übel Widerstreben oder Vorbeugenwollen selber übel thut u die Sache eher verschlimmert. Der Herr aber ist treu, gerecht, thut an uns über Bitten u Verstehen, u wird wie bisher, auch ferner Kraft geben zu dem, was er uns auflegt. [...] (hier fehlt ein Blatt)

<4>

Nun schrieb mir Bruder Schrenk u.a.: 'Ich hoffe, der Herr zeigt Dir durch die Bibel [...] entschließe Dich, handle u schreibe mit nächster Post an Deine Frau [...] Hier ist Dein Platz [...]' (ich schrieb, was ich S. 6 (fehlt) fortlaufend unterstrichen). Auch Bruder Widmann würde es herzlich freuen, wenn ich meine lb Frau bald kommen lassen könnte.

<5>

Darüber schrieb ich nun zunächst am 2. Mai als Schluß meines Berichtsentwurfes:

Wenn ich Constitution u Begabung wie Br. Zim. hätte, so würde ich wohl nach Br. Schr. u Widmanns Rath zu handeln mich gedrungen fühlen, aber ich habe neben der Spracharbeit zu wenig Kraft für die sonstige Missionsarbeit, so daß ich übel stände, die geistlichen Bedürfnisse der Leute fühle u doch nicht abhelfen oder genugsam einstehen kann; warum sollte ich meine Kraft nicht für die unerläßliche Handlangerarbeit concentrieren u dieser für ein paar Jahre mich alleine widmen, so gut als ein Wagner, Schlosser u Ökonom? Ich halte die Darstellung des Sprachgebäudes, damit sich die europäischen Missionare in der Sprache heimisch machen, für fast so nöthig als die Erbauung europäischer Wohnhäuser oder doch als die Erbauung von Kirchen statt nicht mehr genügender Schulhäuser oder die Errichtung von Unterrichtsanstalten.

<6>

Und wie viele Grammatiken sind wohl im tropischen Afrika selbst geschrieben worden? Br. Schlegels, der ist bald erlegen, Br. Zimmermanns, der war nie soweit von Kräften wie damals in Akropong usw. Es erschiene mir als eine Gnade von Gott und Wohlthat für mich u das Werk, wenn ich übers Jahr mit Br. Zimmermann die Heimreise machen dürfte, - - und wenn mich die eigene Kenntniß meiner körperlichen u gemüthlichen Natur nicht sehr täuscht, so sehe ich nicht ein, warum ein drittes Herauskommen dann nicht für länger als dieses zweite sein könnte u so halte ich diesen Gedanken an Heimkehr im nächsten Jahr nicht für ein unerlaubtes Schielen nach Europa oder Zurücksehen vom Pflug. -

<7>

Bei diesen Gedanken bis 3. Mai blieb es aber nicht. Schon, daß ich merkte, mein Wünschen habe sich darauf geheftet, machte sie mir bereits am 27. März verdächtig, u Br. Diet(erle) besorgte, ich verderbe mir meinen Lebensgang, u komme, wenn ich einmal daheim sei, nicht wieder heraus. Besonders wichtig war mir die Losung des 30. April (von meiner Schwester in Gmünd mir auf 1863 bezeichnet): Meine Gedanken [...] Js. 55. Ich dachte vielleicht seien Herrn v Zellers Worte weißagend (d. i. weissagend) der von 5 Jahren sprach u mir das Wort mitgab: 'Sammle sie, wie eine Biene.' Ich hatte das erste Mal bis den Tag vor meiner Abreise von Akropong gesammelt, aber jenes steckt noch in den Waben, (in Basel habe ich meinen Wörtervorrath mit Beispielen in mein Buch eingetragen u 1.800 Sprichwörter samt Erklärungen alphabetisch verzeichnet.) Der Korb ist aber auch noch nicht voll.

<8>

Die Schulgrammatik, die ich liefere, können zunächst die Lehrer u Zöglinge abschreiben, um die Fibel nach dem Plan, der ihr zugrunde liegt, zu verstehen u besser zu handhaben, aber Manuskript einer Lehrersgrammatik u eines Wörterbuches für den Druck in Afrika völlig auszuarbeiten, könnte ich, wenn ich auf meine Kräft u meinen Gehilfen blicke (Br. Zim. hatte für seine Arbeiten auch seine Brüder u andere Leute als fertige Abschreiber) mich nicht anheischig machen, wohl aber fortwährend sammelnd, sichtend, vorbereitend dafür arbeiten. Desto mehr würde ich mich auf die Bibelübersetzung werfen, u wenn ich meine Frau bei mir hätte, auch in freieren u engeren Verkehr mit den Eingeborenen treten. Darum will ichs kurz machen, u den von Br. Schrenk u den anderen Brüdern u von dem Worte Gottes gewiesenen Weg des Glaubens einschlagend, die verehrte Comm. um Zusendung meiner lb Frau bitten, wenn u sobald es möglich u thunlich ist u wenn es Gottes Wille so ist. (Es wird sie etwas kosten, (wenn) sie, von den Kleinen sich losreißend, den Gang aufs Meer zum dritten Mal antreten soll!

<9>

Aber, 'wer um Jesu Willen etwas mißt', schrieb ich ihr vom Schiff in Cape Palmas aus, wird auch schauen einst, wie treu er ist.' Ihm, sind wir ja alles, was wir sind u haben, schuldig, u Er wird trösten u durchhelfen, wie wirs ihm bisher nachrühmen dürfen. Daß ich bisher doch gesünder war als während meines ersten Aufenthaltes in Afrika, verpflichtet mich zum Dank.

<10>

Ob das Augenübel meiner Frau nichts ausmacht, weiß ich nicht. Sollte sie aus irgendeinem Grund nicht kommen können, so nehme ichs vom Herrn an, wie ers fügt, kommt sie, so würde es mich freuen, wenn sie die von ihren Eltern uns anvertraute Anyama mitbringen könnte. Wollte u dürfte sie meinen Theodor mitbringen, so wäre er mir willkommen, ich erwarte es aber nicht.

<11>

Dem Herrn unserem Heiland u Ihnen, theuerste Väter, befehle ich nun diese wichtige Sache an; wichtig eben für uns, nicht daß von uns etwas Besonderes zu erwarten wäre, aber was ich nicht dächte, daß der Heiland unsere geringen Dienste etwa an den Bewohnern dieses Landes, das er, wie wir hoffen, vor den Verheerungen des Asantekrieges bewahren wird, - segnen könnte u sie deshalb von uns begehrt, so hätte ich keine Opferfreudigkeit gehabt u möchte sie auch dem mir hienieden teuersten Herzen jetzt nicht zumuthen. Auch unsern lb Kleinen kann der Herr einen Ersatz für mütterliche Pflege geben, u wir werden dankbar sein, für das, was Sie an ihnen u für sie thun werden.

<12>

Eine Bitte möchte ich noch stellen in Bezug auf meine Arbeit:

Es möchte Br. David Asante ermächtigt u angewiesen werden, wenn (oder solange) ich in Aburi bleibe, mich je und je wenn auch nur 8 Tage in einem Zeitraum von 3 Monaten zu unterstützen. Wenn er dabei hier in der Gemeinde u vor den Heiden das Evangelium verkündigt, so ist das besonders seit Katechist Philipp in Tutu ist, so wohl angelegt als in Akropong oder anderswo.

<13>

Halten Sie mir nun, was ich im Bericht u hier geschrieben habe, u etwa zu viel oder nicht, recht zu gut. Ich bitte den Herrn, er möge mir vergeben u abthun, was nicht rein u lauter in Herz u Leben war, u mir Gnade schenken zu vergessen, was dahinten ist u mich zu strecken nach dem das vorne ist. Ich bitte auch Sie, theuerste Väter, um Vergebung, und um weitere Zuwendung Ihres Vertrauens u Wohlwollens in der Macht u Gnade unseres hochgelobten Herren u Heilandes willen, der seine Kraft auch in mir Schwachem mächtig sein lassen möge.

Sein u Ihr Sendbote am Evangelium J.G. Christaller.

Fenster schließen