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Emilie an Johann Gottlieb Christaller:

offizielle Mitteilung ihrer Schwangerschaft und bevorstehender Entbindung; sie schwebt in sehr tiefer Depression

(Waiblingen, 17. Dez. 1862)

M1,62 Em 33-36

<1>

Du wirst nach meinem letzten Brief recht in Erwartung sein auf diesen, ich kann mirs wohl denken; ich hätte Dir viel zu schreiben, aber die Kraft fehlt mir dazu, deshalb nur die Umrisse, u wenn der Herr mir gnädig durch meine gegenwärtige Trübsalszeit hindurch hilft, kann ich ja nachholen, was nöthig ist. - Zuerst muß ich Dir berichten, daß nächsten Monat Dein 5. Kind das Licht der Welt erblicken wird, der Herr schenkt es uns auf unerklärliche Weise (sag dies aber niemand), u wir wollens dankbar hinnehmen, denn was er giebt, ist gut. Seit 14 Tagen bin ich sehr unwohl, zuerst 8 Tage heftigen Durchfall, Tag u Nacht neben kranken Kindern, zuerst die 2 größeren, dann Paul u Ernst, bei letzterem dauerte es 8 Tage, er ist jetzt noch nicht frei, Husten mit Hitze. Bei meinem Durchfall hatte ich immer starken Drang, daß ich oft meinte, das Kind komme, dieses war so unruhig, daß der Arzt meinte, ich werde den starken Beinregungen nach 2 Kinder haben, nur sei mein Leib zu klein für zwei. Die Lage sei ganz recht, wenns so bliebe, von meiner Befürchtung sagte ich nichts; als der Durchfall nachließ, bekam ich die Grippe wie ichs oft schon einigemal hatte, es dauerte nur 8 Tage, Kopf- und Zahnschmerzen sind oft recht heftig, u bei der Kinder Unruhe doppelt drückend;

<2>

[...] Ich möchte mich oft niederlegen und die Augen schließen, so abgeschlagen und auch gemüthlich ganz abgestumpft bin ich; wie würde mir jetzt eine Umgebung, wie ich sie wünschte, so wohlthun; nun aber stehe ich verlassen, niemand weiß von meinen Nöthen, als der Herr, und ist mir oft, als achte er nicht auf mein Flehen und verberge sein Angesicht vor meinen Thränen, die Tag und Nacht reichlich fließen.

<3>

Daß Du den Kindern etwas schickst, ist mir recht, ich kann für nichts sorgen, auch Geld kann ich brauchen, ich hatte am 1. Dez. nur noch 32 f, ich müßte noch Holz kaufen, der Ofen im unteren Logis ist nicht so leicht zu heizen. Doch mußt Du Dir nichts abgehen lassen, ich habe ja die 40 fl eigenes Geld, die werde ich auch über mein Wochenbett aufbrauchen. Bis ersten Jan. kommt eine Luise Burkhartsmaier aus Winnenden auf 2 Monate zu mir, Hr Strubel hat sie besorgt. Das erwartete Kindlein könnte vielleicht der alte Pf Renz taufen, wegen einem Namen weiß ich keinen Wunsch von Dir. Nun leb wohl u sei mit uns Gott befohlen, er kanns nicht bös meinen. Deine Emilie Chr. [...]

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