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Emilie an Johann Gottlieb Christaller:

Entscheidende, aber deutliche Weisungen aus Basel besagen, daß Christaller nicht mehr nach Afrika geschickt werden soll

(Winnenden, 11. Aug. 1861)

M3,61 Em 2

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Geliebter Gottlieb! Deinen Brief erhielt ich gestern, hatte aber nicht Zeit, gleich zu schreiben. Einige Stunden, nachdem Du fort warst, letzten Mo, kam mitfolgender Brief von H Insp., er wurde von Dizenbach wieder nach Basel geschickt u von dort wieder hieher. Gern schicke ich Dir diesen Brief nicht, weil ich fürchte, Du lässest Dich wieder von Vergangenem fruchtlos umtreiben. Ich bitte Dich, Lieber, thue das nicht, vergesse, was dahinten ist u strecke Dich nach dem, was vorne ist, ich meine das ganz wörtlich; ich wußte nicht, daß die Committee Deine Arbeit für Afrika für beendigt ansieht u beschlossen hat; dieser Ausspruch H Insp(ector)s scheint mir eine deutliche Weisung zu sein, uns nun nach einem anderen Wirkungskreis umzusehen. Mader, der heut mit Frau u drei Kindern und Magd hier ist, meint dies auch, er sagt, er habe nicht gewußt, daß das beschlossen sei; er würde nun an Deiner Stelle die Committee bitten, Dir in Amerika oder Rußland oder in der Heimat für eine, Deinen Kräften entsprechende Stelle behülflich sein, natürlich müßtest Du von H Zeller vorher ein Zeugnis haben, daß Du gesund genug seiest, um eine solche begleiten (bekleiden?) zu können. Ich würde letzteres nicht pressieren, sondern das Jahr völlig abwarten, inzwischen aber ganz vergessen, was dahinten, u mich freuen auf das, was der Herr mir nun anbieten läßt, gieb acht, er läßt sich nicht schlechter finden als ein reicher Erdenmensch, dem ein Armer etwas aufgeopfert hat; wir wollen seiner Liebe u seinem Reichthum trauen; wie solches Strecken nach dem, das vorne ist, gibt Dir vielleicht die nöthige Kraft u Gesundheit; steh ab von Menschen, soweit Du etwas von ihnen erwartest, sieh, es ist auf dieser Welt kein Freund, der es stets gut mit einem meint; der beste Freund ist in dem Himmel; die gestrige Losung heißt: Ich will auf den Herrn schauen u des Gottes, meines Heils erwarten, mein Gott wird mich hören. Das war mir recht tröstlich; sieh alle, die in unserer Sache etwas zu reden haben, sind in der Hand des Herrn und er leitet sie, wohin er will, das Übrige wollen wir ihm lassen, sind sie etwas derb, wir wollens annehmen, sie dürfen nicht weiter, als ihr Herr will, und auch das Derbe muß uns zum Besten dienen, wir wollen nicht so wehleidig sein, sondern wollen es uns sorgsam zum Besten dienen lassen. Du weißt ja nicht, ob Dir später wieder jemand solche Freundschaftsdienste leistet, die Dirs leicht machen, Dich selbst zu hassen.

<2>

Gelt, lb lb Gottlieb, der Herr wirds wohl machen, ihm wollen wir trauen, und aber, soweit es nöthig ist, auch den Menschen. Schreib mir bald wieder, genieße Deine Erholungszeit recht, ich trage dann mein Schweres leichter. Die lb Kinder sind wohl, u ich, ein beständiges Angegriffensein u Schwächefühlen abgerechnet, auch. Ich hatte in vergangener Woche die Wäsche, in der kommenden Bügelei. Das Mädchen ist mir recht lieb, wenn ich kein Wochenbett vorhätte, möchte ich sie behalten, am Ende kommts auch noch so, das Mädchen von Hanna hat noch lang keine Hoffnung zu uns zu kommen. In herzlicher Liebe Deine Emilie Chr.

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