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Johann Gottlieb Christaller an Gottliebin Merkle und Schwager:

Christallers theoretische Überlegungen über lebendiges Christentum; Bemerkungen über seine etwaige Heirat (Fortsetzung im Folgebrief 56/11)

(Akropong, 29.Mai 1856)

Nbrg JG Chr 22

<1>

(Über die Unsitte des Karnevals, glaubt aber daß die verschiedenen Völker ihre Eigenschaften hervorkehren, hofft auf christliche Durchdringung des Lebens, um die 'schauerlichen sittlichen Verheerungen des materialistischen Unglaubens zu bessern.')

[...] kurz ich freue mich der Sache des Volkes Gottes, wünsche ihr guten Fortgang, wünsche, daß ich oder wir sämtliche Missionare hier demselben Zwecke unter den Negern eifriger zu verfolgen imstande sein möchten u bedaure nur, daß mitunter so heftig u bitter u scheinbar lieblos gegen Hoffmann zu Felde gezogen und von diesem geantwortet wird. [...] andererseits aber mußte ich doch auch seinen gelegentlichen Bemerkungen über die Heidenmission recht geben u ich meinesteils fühle es so schmerzlich als einer, daß ich ein Kind unserer Zeit bin u (es) verlangt mich zu einer wahren Bekehrung u Wiedergeburt durchzudringen.

<2>

Ich finde, von mir ausgehend, es ist eben so vieles Christentum nur ein von Menschen, aus Büchern erlerntes, welchem Gefühl u Verstand den Beifall gegeben, bei dem aber der Kern unseres Wesens noch nicht durch die unmittelbare Wirkung des Hlg Geistes umgewandelt worden ist, so daß der eigentlich bewußte u lebendige Geisteswille unbestechlich u unverrücklich den Weg der Selbstverleugnung u der Nachahmung Christi wandelt.

<3>

[...] was meine Gesundheit betrifft, so hatte ich seit meinem letzten Brief an Rapp wieder ein Fieber am 23. Mai (vorher 17. 3.,16. 4.,1. 5.) also je nach drei Wochen, dabei kann ich gewöhnlich nichts thun als hinliegen u zwei weitere Tage nicht viel mehr als mitunter lesen; (Br.Herzog sei an der Ruhr gestorben.) [...] aber so schmerzlich den Zurückbleibenden der Verlust um des Werkes willen, so war ihm doch das selige Los zu gönnen. Aber auf etwas anderes muß ich noch zu reden kommen, fast mit Widerstreben, nemlich die in meinem letzten Briefe an Rapp Euch mitgetheilte Heiratsangelegenheit. Ich schrieb dieser Tage Herrn Inspector meine Absicht in dieser - jedenfalls ganz in der Hand des Herrn liegenden Sache - habe sich in letzter Zeit auf die Seite gewendet, daß es besser sein werde, wenn die Frage vorderhand verneinend entschieden wird, denn ich kann meiner Gesundheit eben doch nicht, wenigstens nach meinen gegenwärtigen Erwägungen, auf die Länge trauen, auch wenn eine Seereise, für die ich auf Gelegenheit warte, meiner gegenwärtigen Angegriffenheit ein Ende machen würde.

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